Moniage - der Rückzug aus der Welt als Erzählschluß
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Die Bedeutung des Erzählschlusses ist in der literaturwissenschaftlichen Mediävistik unbestritten: Dieser legt an der prekären Grenze zwischen fiktiv gebundener Textwelt und realer Lebenswelt der Rezipienten entscheidende Interpretationskoordinaten fest. Gleichwohl fehlt es bislang an systematischen Aufarbeitungen des Themas, die der Frage nach den typischen Handlungsschlüssen in der mittelhochdeutschen Epik (z. B. Fest, Herrschaftsantritt, katastrophaler Untergang) deutliche Kontur verleihen. Diese Monographie trägt dazu bei, die Forschungslücke anhand eines klar abgegrenzten Teilbereichs zu schließen. Untersucht werden die erzählstrategischen und rezeptionslenkenden Funktionen des Schlussmotivs „moniage“, des Rückzugs des oder der Protagonisten aus der Welt in ein geistlich bestimmtes Leben in Kloster oder Einsiedelei. In detaillierten Einzelanalysen wird ein Textkorpus aus fünf Werken unterschiedlicher Gattungszugehörigkeit aus dem Zeitraum von 1130 bis 1230 befragt: die reichsgeschichtlicher Chronistik verpflichtete 'Kaiserchronik', 'König Rother' und 'Orendel' aus dem Bereich der sogenannten Spielmannsepik, die conversio-Legende 'Barlaam und Josaphat' in der Fassung Rudolfs von Ems und der 'Prosa-Lancelot' als Vertreter der Spätform des Artus-Gral-Romans. Für alle Werke lässt sich zeigen, dass der „moniage“, der die letzte Lebensphase der Protagonisten beschreibt, als strukturell bedeutsamer, inhaltlich wertender Fluchtpunkt auf die zentralen Themen welthaltigen Erzählens antwortet. Erzählen von Herrschaft und Erzählen von der Beziehung zum Du verbinden sich mit dem geistlichen Schlussbaustein - der keineswegs nur beliebiges Versatzstück ist - zu einer charakteristischen Synthese, die dem Rezipienten als letzte Aussage gültig im Gedächtnis bleibt.