Kranke Welt bei Ingeborg Bachmann
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Die Metapher der ›kranken Welt‹ gibt der späten Prosa Ingeborg Bachmanns ihre besondere Dringlichkeit. Sie liefert der Autorin das Bild für einen Zustand, den sie mit der Kriegs- und Kolonialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts verbindet und als Ausdruck eines grundlegenden Verrats am mitmenschlichen Andern deutet. Die vorliegende Untersuchung von Bachmanns Krankheitsbild schließt an das Romanprojekt der Autorin über die Todesarten an und hebt das Ringen um Veränderung vor, das Bachmann an ihren Personen vorführt. Im Mittelpunkt der Interpretation stehen die Erzählungen Das Gebell und Simultan und der Roman Malina. Gezeigt wird, daß die Autorin eine Form der Verkehrung anstrebt, die paradox ist, denn statt den vermeintlich gesunden Zustand vor der Krankheit wiederherzustellen, soll sie zutage fördern, ›was nie war‹. Bachmanns Personen versuchen, den Punkt der verfehlten Entwicklung zu finden, um von da aus die Wirklichkeit denkbar zu machen, die zu leben bisher mißlang. Mit Hilfe der psychoanalytischen Figuren des 'unbewußten Denkens' und 'Begehrens' wird gezeigt, daß die Autorin am Beispiel der ›kranken Welt‹ eine veränderte Beziehung zum mitmenschlichen Andern einklagt. Die Unverfügbarkeit des Andern, Mann wie Frau, soll ebenso gewahrt sein wie die Unverfügbarkeit des sprachlichen Austauschs.