Zwischen Gletsch und Horschigel
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Die Schrift entstand - und war zunächst nur gedacht - als Niederschrift für die Familie. Sollte doch versucht werden, das mir Bekannte weiterzugeben, nach dem ich selbst feststellen mußte, daß ich meine Mutter als letzte Ansprechpartnerin der Generation vor mir viel zu wenig gefragt hatte. Schließlich - vielleicht interessiert eines Tages unsere Kinder und Enkel, wo ihre Wurzeln liegen, wo einst ihre Vorfahren lebten und wirkten und immer auch für ihre Nachfahren ein Fundament legten und legen wollten, welches leider durch widrige Umstände schließlich für die Nachkommen verloren ging. Mit dieser Schrift liegt ein von der geplanten Familien- zur Dorfchronik und darüber hinaus zu Teilen einer Herrschaftschronik mutiertes Schriftstück vor: eine Situationsbeschreibung des Umfeldes und der Verhältnisse, unter welchen unsere urkundlich erwähnten Vorfahren mit ihren Angehörigen im Raum Kuttendorf-Liebeschitz-Auscha-Leitmeritz, d. h. in Nordböhmen über 300 Jahre leben und wirken konnten. Sie führt schließlich zu den mit dem Jahre 1938 ausgelösten Ereignissen, den - genau 300 Jahren nach der ersten Erwähnung unseres Ahnherrn Paul Ringel in Kuttendorf akut werdenden großen Umwälzungen, einem nicht zu ahnenden Unheil, das über die Familie und den Ort sowie seine Menschen in der Folge hereinbrach und schließlich die Bewohner in alle Winde zerstreute. Bereits 1638 gehörten laut Grundbuch in Kuttendorf 18 Anwesen zur Herrschaft Liebeschitz und 1640 waren gar 25 Anwesen im Dorf als zu Liebeschitz gehörig katalogisiert. Hinzu kamen die in einem Grundbuch von 1629 bzw. in einer alten Zinsrolle von 1654 verzeichneten etwa 30 Anwesen der Herrschaften Ploschkowitz und Koblitz. Wie Quellen berichten, galt das Dorf im Dreißigjährigen Krieg als großes reiches Bauerndorf, Kuttendorf war Sitz einer der sieben Richtereien der Herrschaft Liebeschitz, die etwa 60 Ortschaften zählte. Einer der Richter aus dem Kreis meiner direkten Vorfahren gehörte zu den Anführern der Bauernerhebung von 1680 in Nordböhmen und wurde von einer kaiserlichen Kommission, der General Christof Wilhelm Harant, Freiherr von Polschitz, Hans Heinrich Graf von Kufenstein, Ferdinand Ernst Hieserle, Freiherr von Chodaun und Heinrich Mayer, JUDr. Auditor angehörten, verurteilt und hingerichtet. Der Fund derartiger Aussagen mußte einfach meine Neugier wecken und auf eine Zusammensetzung des Puzzle drängen, einer Tätigkeit, der ich als Historiker gern nachging. Dabei leugne ich nicht, daß eben diesem da oder dort auch Kindheitserinnerungen und Emotionen den Blick trübten.