Geschichte im Exil
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Von der Herrschaft der Nationalsozialisten waren auch Forschung und Lehre grundlegend betroffen. Viele ihrer Exponenten emigrierten oder wurden ins Exil getrieben. Das gilt auch für etliche Historiker. Dennoch hat die Emigrationsforschung die Geschichtswissenschaft lange vernachlässigt. Die vorliegende Arbeit zeichnet den wissenschaftlichen Weg vom 98 Historikerinnen und Historikern nach. Welche Folgen hatte ihr erzwungener Ortswechsel für den wissenschaftlichen Standort der Betroffenen? Jene, die über das Meer fahren, schrieb der Dichter Horaz, wechseln den Himmel, nicht aber die seelische Einstellung. Für die von den Nationalsozialisten Vertriebenen jedoch ergaben sich als Konsequenz von politischem Zeitgeschehen und Emigration komplizierte Lebensläufe. Erstmals läßt sich zusammenfassend feststellen: Keiner der Betroffenen brach willentlich mit der deutschen Wissenschaftstradition. Die Sorgen um die Existenz ließen theoretische Reflexionen zunächst kaum zu. Doch so schwierig die ersten Jahre der Emigration waren – einer Zeit der Unsicherheit folgte ab etwa 1950 eine Phase beruflicher Konsolidierung. Besonders in den USA profitierten etliche Emigranten von einem nunmehr größeren Arbeitszusammenhang, der auf einer gemeinsamen Interessenlage basierte: Die Bedeutung der Deutschen Geschichte wuchs ebenso wie die der Modern European History. So konvergierten die wissenschaftspolitischen ebenso wie die wissenschaftlichen und politischen Interessen der amerikanischen und deutschsprachigen Europa-Historiker. Das trieb nicht nur die Entwicklung des Faches voran. Die Emigranten wurden zu Brückenbauern zwischen Alter und Neuer Welt.