Ludwig Gall
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Der in der Dogmengeschichte bisher kaum und wenn, dann ohne Beachtung seines Gesamtwerks, rezipierte Heinrich Ludwig Lambert Gall entwickelte bereits seit den 1820er Jahren wirtschaftswissenschaftliche Überlegungen, die erst im 20. Jahrhundert allgemeine Anerkennung erlangten. Galls Erkenntnisse sprechen für sein überaus modernes Verständnis marktwirtschaftlicher Abläufe in einer Zeit, die fast ausschliesslich von der klassischen Wirtschaftstheorie geprägt war. Galls Entdeckung des Multiplikatoreffekts, die Analyse der Nachfrageabhängigkeit der Beschäftigung sowie der Entwurf einer beschäftigungswirksamen Getreidewährung und andere unorthodoxe Vorschläge sind eingebettet in ein kreislauftheoretisches System und fanden bisher noch keine umfassende Würdigung. In dem vorliegenden Werk sollen eine umfassende Biographie Galls und eine nähere Untersuchung seiner Hauptwerke dem Leser einen Einblick in das Leben und Wirken Galls geben. Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit der in der Dogmengeschichte verbreiteten Einordnung Galls in die Kategorie der Frühsozialisten, die nach ausführlichen Untersuchungen als verengte Sichtweise angesehen werden kann. Der Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung liegt aber bei den wirtschaftlichen Darstellungen und Reformideen Galls. Kurze Vergleiche zu den verbreiteten Theorien ermöglichen dem Leser, die Originalität der Gallschen Gedanken zu erkennen. Die direkte Gegenüberstellung der Theorien von Malthus, List und Torrens erlauben eine bessere Positionierung der Gallschen Theorie. Die hier hervorgehobene Bezeichnung Galls als „moderner Ökonom“ basiert auf den für die Lebzeit Galls extrem fortschrittlichen Erkenntnissen. In diesem Zusammenhang muss bedacht werden, dass die Entdeckung des Multiplikatoreffekts und die Verbreitung der Forderung nach Staatsinterventionismus eigentlich erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts allgemein durch Keynes bekannt wurden obwohl sie von Gall schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts propagiert worden waren.