Historismus als Montage
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Max Klinger (1857–1920) gehört zu den Schlüsselfiguren des Symbolismus in Deutschland. Seine Bildwelt vereint spätklassizistische Idealität, naturalistische Milieuschilderung und visionäre Phantastik. Die vorliegende Arbeit unternimmt eine Neudeutung von Klingers graphischem Schaffen, indem sie die Wurzeln seiner Modernität im Historismus des 19. Jhs. aufweist, dessen Pluralismus der Stile und Inhalte von Klinger zu einer Frühform der Montage weiterentwickelt wurden. Klinger nutzt die Vorgaben der künstlerischen Tradition als Material, das er so kombiniert, daß die Brüche zwischen den montierten Bildbestandteilen sichtbar bleiben. Dieses spezifische Kombinationsverfahren ist in Klingers graphischem Werk auf fünf Ebenen zu beobachten. Die Kategorien Ikonographie, Stil, druckgraphische Techniken, Bild-Rahmen-Verhältnis und zyklische Anordnungsform eröffnen ihm Kombinationsmöglichkeiten des vermeintlich Unvereinbaren, die bereits von zeitgenössischen Betrachtern als Montagen 'avant la lettre' empfunden wurden. Die Brüche in Klingers Bildwelt offenbaren dabei die Gebrochenheit seiner Epoche, der Jahrhundertwende – einer Zeit zwischen bildungsbürgerlicher Traditionsgewißheit und dem Aufbruch in eine vielgestaltige Moderne.