Sprachbewusstheit und Aphasie
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In der alltäglichen Kommunikation richten wir unsere Aufmerksamkeit vor allem auf den Inhalt von dem, was wir sagen oder hören. Solange wir verstehen, was ein Gesprächspartner uns mitteilen will, überhören wir kleinere Formfehler und Regelbrüche. Wir nehmen sie meist erst bewusst wahr, wenn es zu Schwierigkeiten in der Kommunikation kommt und dadurch unsere Aufmerksamkeit weg vom Inhalt, hin zur Form von Sprache gelenkt wird - ein Prozess, der auf „Sprachbewusstheit“ basiert. Obwohl Schwierigkeiten in der Kommunikation nun gerade bei Menschen mit der zentralen, erworbenen Sprachstörung „Aphasie“ sehr häufig vorkommen, wissen wir bislang noch sehr wenig über die Sprachbewusstheit von Aphasikern. Sind Aphasiker trotz ihrer sprachlichen Beeinträchtigungen in der Lage, ihre Sprache zu reflektieren und über ihre Sprache zu sprechen? Bemerken sie genauso wie ihr Gesprächspartner, dass ihre sprachlichen Äusserungen von der Norm abweichen, oder sind gemeinsam mit den sprachlichen auch die metasprachlichen Fähigkeiten „aphasisch“? Die Analyse der Daten zeigt unter anderem, dass weder der Schweregrad noch das Syndrom einer Aphasie eindeutige Rückschlüsse auf die metasprachlichen Fähigkeiten erlauben. Wichtig ist auch das Ergebnis, dass die untersuchten Aphasiker überraschend gut in der Lage sind, ihre eigenen sprachlichen Äusserungen zu reflektieren und über ihre Sprache zu sprechen. Sprachbewusstheit sollte deshalb in der Diagnostik und Therapie von Aphasikern künftig eine grössere Rolle spielen.