Gemeinschaftshaftung für judikatives Unrecht

In seiner Rechtsprechung zur gemeinschaftsrechtlichen Haftung der Mitgliedstaaten hat der EuGH seit dem thematisch sehr entscheidenden Francovich- Urteil eine gemeinschaftsrechtliche Haftung bestätigt und verfestigt sowie die Haftungsvoraussetzungen weitergeführt und präzisiert. In dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Köbler- Urteil aus dem Jahr 2003 wurde durch den EuGH im Grundsatz nunmehr auch eine gemeinschaftsrechtliche Haftung der Mitgliedstaaten für judikatives Unrecht bejaht. Im Rahmen der Arbeit ging es um die Frage, wie die gemeinschaftsrechtliche Haftung für judikatives Unrecht ausgestaltet ist, ob einer solchen Haftung Einwände entgegenstehen und wie die Umsetzung in nationales Recht aussieht. Die Erweiterung der Haftung auf den Bereich des judikativen Unrechts wurde unter den bisher bekannten Grundlagen, aus denen der EuGH den Anspruch herleitet, aber auch anhand des Vertragsverletzungsverfahrens, des Völkerrechts, der EMRK und der Rolle der nationalen Gerichte betrachtet. Diese Punkte zieht der EuGH zur Herleitung und Festigung sowie zur Absicherung und Akzeptanz seiner Haftungsrechtsprechung heran. Als mögliche Ausschlussgründe einer Haftung für judikatives Unrecht werden die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Gerichte, die materielle Rechtskraft und die Haftung der Gemeinschaft für Verstöße des EuGH untersucht. Bei dem Punkt der Voraussetzungen eines solchen Haftungsanspruches werden die bisherigen Voraussetzungen näher ausgeführt und auf nationale Haftungsbeschränkungen – das deutsche Richterspruchprivileg und die Ausschöpfung des Primärrechtsschutzes – eingegangen. Zur Verdeutlichung, welcher Spielraum den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs verblieben ist, wird ein Vergleich zur Harmonisierung im Verwaltungsrecht vorgenommen. Abschließend wurden mögliche Falltypen bei Verstößen nationaler Gerichte dargestellt.