"Kollaboration" in Nordosteuropa
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Das in den vergangenen Jahren in Osteuropa intensiv diskutierte Problem der Kollaboration mit der deutschen Besatzungsmacht während des Zweiten Weltkriegs erhält seine aktuelle Brisanz aus der Frage nach der politischen und moralischen Mitverantwortung und Mitbeteiligung der Besiegten und Okkupierten an der national-sozialistischen Besatzungs- und Vernichtungspolitik. Dabei geht es in der Diskussion auch um Begriffe wie nationale Identität und ‚Würde‘, vor deren Hintergrund eine Zusammenarbeit mit dem Feind als ‚Verrat’ empfunden wurde (und wird). In Nordosteuropa ist das Problem der Kollaboration zudem eingebettet in eine komplexe ethnische Struktur und damit verbundene traditionelle Konfliktlagen, die auch während des Zweiten Weltkrieges eine große Bedeutung besaßen. Dieser Band beschränkt sich deshalb nicht nur auf die Jahre zwischen 1939 und 1945, sondern verfolgt zudem den Ansatz, den Begriff Kollaboration auch außerhalb seiner zeitlichen Gebundenheit an den Zweiten Weltkrieg auf seine Eignung für die Analyse von Phänomenen zu untersuchen, die in der Zeit vor 1939 und nach 1945 im Spannungsfeld zwischen Nation und Fremdherrschaft eine zentrale Bedeutung hatten und in den nationalen Historiographien lange verdrängt wurden. Den regionalen Schwerpunkt bilden Polen, Litauen, Lettland und Russland/Sowjetunion, ergänzt um einen Beitrag zur Tschechoslowakei. Fallstudien bieten Einblicke in die Ereignisse, aber auch in die historiographische und politisch-gesellschaftliche Auseinandersetzung während und nach den Geschehnissen. Ergänzt werden die Länderstudien durch grundlegende Beiträge zu den Begriffen ‚Kollaboration‘ und ‚Fremdherrschaft‘.