Bildung und Spontaneität
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Aus spontanem Handeln kann Bildung werden. In der Spontaneität des Handelns bricht das Neue in das Leben ein, wird von anderen respektiert und von den Betroffenen reflektiert. So kommen Bildungsprozesse in Gang, die nachhaltige und tief greifende Transformationen in den Lebensgeschichten von Menschen zeitigen. Diese Bildungsprozesse finden sich zum Beispiel bei dem Jugendlichen, der eines Tages seine Liebe zur Rockmusik entdeckt und zum engagierten Bandmusiker wird; bei der jungen Frau, die jemandem beim Filzen beobachtet, meint, sie könne das besser und schließlich als Filzpuppenbauerin eine Firma aufbaut; und bei der Seniorin, der vom Sohn ein alter Computer vermacht wird, mit dem sie dann auch online geht. Mit insgesamt zehn Personen wurden narrativ-biographische Interviews geführt. Ausgewertet mit der dokumentarischen Methode, lassen sich sieben Phasen im Bildungsverlauf typisieren: Auf eine Phase ersten spontanen Handelns folgt eine kurze Phase unspezifischer Reflexion, dann eine Phase des Erkundens und Lernens sowie eine erste gesellschaftliche Bewährung. In einer Phase zweiten spontanen Handelns gewinnt der Bildungsprozess an Dynamik und führt dann in eine Phase zweiter gesellschaftlicher Bewährung. Schließlich kommt es zu einer biographischen Selbstreflexion. Da Jugendliche, Erwachsene in der Lebensmitte und Seniorinnen miteinander verglichen werden, lassen sich auch lebensalterstypische Ausprägungen dieser Phasen zeigen. In enger Verbindung mit den empirischen Analysen werden spontanes Handeln und Bildung mit dem Pragmatismus von John Dewey und George Herbert Mead sowie der Wissenssoziologie Karl Mannheims und Ralf Bohnsacks reflektiert. So lässt sich eine empirisch fundierte pragmatistische Bildungstheorie entwerfen, die die Bedeutung individuellen wie kollektiven spontanen Handelns für Bildung begrifflich zu fassen vermag.