"Horizont aus Schlagbäumen" ...?
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Die Arbeit stellt die relevante Literatur zu diesem Thema in der ganzen thematischen und formalen Vielfalt vor: Wie stellt die Literatur die Teilung dar, werden Grenze und Mauer abgehandelt (Kap. 2)? Wie bestimmt die Teilungsthematik die Figurendarstellung, werden Flüchtling und Exilant, Familien und Liebende präsentiert? Vor allem: Wie findet die Begegnung über die Grenze hinweg statt, wird miteinander geredet und umgegangen (Kap. 3)? Weiter wird nach der Darstellung des jeweils anderen Deutschland gefragt. Welche Bedeutung erhalten dabei die Themen Arbeit und Alltagsleben (Kap. 4)? Inwiefern wird auf spezifisch deutsche Themen wie Heimat, Vaterland, Gemeinschaft zurückgegriffen, um Identität und Zugehörigkeit zu einem Gemeinwesen festzuschreiben (Kap. 5)? Statt des Rückgriffs auf die literaturpolititische Teilung der deutschen Literatur – zuletzt aufgearbeitet bei Hans Dieter Zimmermann, Literaturbetrieb Ost|West (2000) – erfolgt eine kulturwissenschaftliche Erweiterung des ansonsten eher begrenzten literarischen Themas der deutschen Teilung. Im Mittelpunkt stehen die Texte von Christa Wolf und Uwe Johnson, insbesondere die ‚Klassiker’ Mutmassungen über Jakob (1959) und Der geteilte Himmel (1963), welche als geradezu paradigmatisch für die deutsch-deutsche Literatur angesehen werden können. Daraus ergibt sich die Frage, in welchem Verhältnis die favorisierten Texte zum restlichen, durchaus umfangreichen Textkorpus stehen, also zu Texten, welche die Teilung und das andere Deutschland ebenfalls erwähnen, die jedoch ‚lediglich‘ zum Beweis zitiert werden? Nun kann eine Literatur nie aus einer Handvoll favorisierter Texte bestehen, sondern konstituiert sich stets aus einer großen Anzahl von Texten, aus denen einige favorisierte Texte herausragen. Den „Rest“ zu vernachlässigen würde heißen, die Vielfalt des thematischen Diskurses zu mißachten und darüber hinaus die Möglichkeiten zu vernachlässigen, die das komparative Arbeiten mit einer Reihe von Texten bietet. Gerade das hier vorliegende Thema beschäftigte viele Autoren, deren Namen nicht zu den großen gehören, deren Texte jedoch auffallend viele Anthologien zu diesem Thema füllten; diese Sammelbände wurden ebenfalls rezipiert und trugen kulturhistorisch zur öffentlichen Meinungsbildung bei. Insofern besteht ein interessantes Wechselverhältnis zwischen den, wenn man so will, ‚Spitzentexten’ und der breiten literarischen Vielfalt einer Epoche.