Tumult und Erfahrung
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Bis heute hat man die Anfänge einer philosophischen Emotionstheorie nur bis auf die aristotelische Rhetorik und Ethik zurückverfolgt. Zum ersten Mal wird der Versuch unternommen, die tumultarische Natur der Emotionen aus der Philosophie Platons herzuleiten. Das wird alle die verwundern, die immer noch in Platon allein den Ideenphilosophen sehen wollen und darüber seine politische und naturphilosophische Seite ignorieren. Die Emotionen heißen nach einem Wort Ciceros in der antiken Philosophie Affekte bzw. Pathe. Sie sind für Platon sowohl Störungen (tarache) der Wahrnehmung und des Denkens, sie sind aber auch Mit-Ursachen von Krankheiten des Körpers (Medizin) und Schlechtigkeiten der Seele (Psychologie und Ethik). Der systematische Ursprung dieser universalen Pathologie ist eine von Empedokles beeinflusste Naturphilosophie, die Platon typologisch zwischen den Gegensatzpaaren Begehren und Furcht bzw. Lust und Leid aufspannt und in seinem ganzen Werk variiert. Emotionen sind so Eigenschaften an etwas (Körper, Seele, Staat, Natur), die als Bewegungen eine eigene Dynamik haben. Sie können den Umschwung (metabole, revolutio) eines Systems mitverursachen, ihn sowohl beschleunigen als auch verlangsamen und sind insofern nicht nur bloße Wirksamkeiten, sondern auch Möglichkeiten des Guten wie des Schlechten. Dies wird an den Emotionen Begehren und Liebe, Zorn und Furcht eigens dargestellt.