Menschenrechte und die Konzeption von Thomas Hobbes
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Hobbes Einfluß auf die Entwicklung der Ideen von Men-schenrechten ist eher ein indirekter, aber auch ein grundlegender: Erstmals gelang durch den 1588 geborenen englischen Philosophen scheinbar eine Wandlung in der Begründung politischer Normativität: War man zuvor noch der Ansicht, daß eine solche Normativität verankert ist durch eine auf Gott ausgerichtete Seins-Ordnung, so vertritt Hobbes durch sein Leviathan-Modell die Position, daß Individuen eine solche Normativität selbst neu zu begründen hätten, der letzte Bezugspunkt von Rechten also nur noch im Individuum angesiedelt seien. Durch diesen Ansatz, quasi einem Paradigmenwechsel politischer Normativität, schafft Hobbes ein neues individualistisches Konzept von Naturrecht, welches den Menschen nicht mehr durch seine zu Gott bestehende Relation determiniert zeigt, sondern welches dem menschlichen Individuum unveräußerliche natürliche Rechte zuspricht, die sich unabhängig von einer gesellschaftlichen oder einer transzendentalen Ordnung darstellen. Zu einer Betrachtung dieses Paradigmenwechsels erscheint eine Betrachtung seiner Ansichten über das Wesen des Menschen, also der Beschreibung seiner Anthropologie unablässig, da erst auf Basis solcher Ansichten die Konstellation der Vorstellung einer künstlichen, von Menschen geschaffenen Ordnung, wie sie im Leviathan vorgestellt werden, und die darin erscheinenden oder verborgenen Rechte, die dem Menschen zugestanden werden oder nicht, sinnvoll wirken kann: Gerade das Zusammenspiel zwischen dem natürlichen Recht, den natürlichen Gesetzen und den positiven, also von Menschen gesetzten und auf Menschen zurückführbaren Rechten und Gesetzmäßigkeiten verdeutlichen die unterschiedliche Qualität, die auftretende mögliche Menschen-rechte aufweisen: Erkennbar wird, daß das Recht des Selbsterhaltes anders zu bewerten ist als beispielsweise das Recht auf Gerechtigkeit. Dabei wird aber verständlich, weshalb Hobbes die Ansicht vertritt, daß naturrechtliche Normen positiviert werden sollten, damit der Mensch als solcher erhalten werden und seine Existenz, Entwicklung und gegebenenfalls Weiterentwick-lung sichern kann. Um dies zu verdeutlichen, wird daher in diesem Kapitel eine Beschreibung seiner Anthropologie vorgenommen, es werden seine Auffassungen des Naturzustand deutlich gemacht, des Leviathan-Modells, der Rolle eines Souveräns, des Selbst-Erhaltes als einziges „Recht“ des Menschen sowie jener Rechte, die durch den Souverän gegeben werden. Es wird erkennbar werden, daß nur Gottesrechte innerhalb des Leviathan-Modells gegen Souverän-Rechte stehen. Darüber hinaus wird untersucht, ob seine Vorstellung des Zustandes des Friedens auch auf internationale Beziehungen angewendet werden kann. Fraglich allerdings bleibt, ob man Hobbes – wie in angelsächsischen Ländern in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts üblich – wirklich den Status eines Begründers universalistischer Rechte zugestehen kann.