Wieder Religion?
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Marx, Nietzsche, Freud und viele »andere Meister des Verdachts« haben die Religion als ideologische Waffe in den Händen der herrschenden politischen und kulturellen Macht demaskiert. Heutige Denker stammen direkt aus dieser Tradition und schließen nahtlos daran an. Dennoch ist es bemerkenswert, dass in ihren Arbeiten die Religion, und speziell das Christentum, zunehmend eine große Rolle spielt. Als würde das Christentum mit all seinen Problemen und Krisen der heutigen Ideologie dabei helfen, mit ihren eigenen Problemen und Krisen umzugehen. Ist das vielleicht der Grund, warum einige der innovativsten theoretischen Entwürfe durch christliche Topoi gestützt und illustriert werden? Zu erwähnen wäre die Bedeutung der Mystik für Lacan, Lyotards Faszination durch Augustinus, Derridas Beschäftigung mit der Religion in Werken wie »Circonfession«, »Sauf le nom«, »Donner la mort« und »Foir et Savoir«. Auch Zizek vermutet in »Das fragile Absolute«, dass es »das christliche Erbe wert ist, verteidigt zu werden«. Nach Agamben, Negri und Taubes ist der Bezug auf Paulus ein unverzichtbarer Punkt der politischen Theorie, und Badiou sieht im Einsatz des Paulus das beste Beispiel einer »militanten Ethik«. Dieses Buch fragt nach der Gegenwart des Christentums und seiner (Wieder-)Entdeckung in der aktuellen politischen und psychoanalytischen Theorie. Dieser Bezug auf das Christentum wird weniger zu neuen Antworten führen als zu neuen Fragen und neuen Wegen, heutige Probleme zu artikulieren.