Erfolgsfaktoren des legislativen Lobbying in Brüssel
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Bis zu 80% der wirtschaftspolitischen Entscheidungen in den europäischen Mitgliedstaaten werden heutzutage von der EU vorgegeben oder bestimmt, was den unternehmerischen Handlungsspielraum nachhaltig zu strukturieren, d. h. zu öffnen aber auch zu verengen, vermag. Infolgedessen besteht ein strategisches Interesse für Unternehmen und der sie vertretenden Institutionen in der Identifikation der Faktoren, die den Erfolg des EU-Lobbying determinieren. Die Analogie zwischen politischen und ökonomischen Austauschprozessen ermöglicht die Übertragung des Untersuchungsgegenstands auf das mit dem Management von Austauschprozessen beschäftigte Dienstleistungsmarketing sowie auf ausgewählte Ansätze der Neuen Institutionenökonomik. Die vorliegende Untersuchung der Erfolgsfaktoren des EU-Lobbying konzipiert den Informationsfluss zwischen Interessenvertreter und Entscheidungsträger als die zentrale Tauschleistung im EU-Lobbying. Damit stehen die Transaktion und die hiermit für beide Parteien verbundenen Informationsprobleme im Mittelpunkt der Analyse. So sind zwischen Lobbyist und Entscheidungsträger existierende Informationsmängel (in Form von Detailwissen sowie Eigenschaften und Absichten der Beteiligten) Chance und Risiko zugleich. Um trotz der vorhandenen Informationsasymmetrien Einfluss auf die Entscheidungsträger in der EU ausüben zu können, müssen sowohl leistungsbezogene als auch -übergreifende Informationssubstitute identifiziert werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Effektivitätsunterschiede nicht nur auf Unterschiede im Vorhandensein dieser leistungsbezogenen und - übergreifenden Faktoren, sondern auch auf deren Vermarktung gegenüber den EU- Institutionen zurückgeführt werden können. Den Schwerpunkt der Dissertation stellt die empirische Untersuchung dar, die eine auf Deutsch, Englisch und Französisch durchgeführte Befragung von 112 Lobbyisten in Brüssel sowie eine gegenüberstellende Erhebung von Entscheidungsträgern aus den EU-Institutionen umfasste. Darüber hinaus konnte mit Hilfe einer weiteren Befragung ein Verzeichnis von Organisationen erstellt werden, die genossenschaftliche Interessen gegenüber den Entscheidungsträgern vertreten. Die Suche nach Erfolgsfaktoren und die Multikausalität des Konstrukts Erfolg im EU- Lobbying macht die Anwendung des Partial-Least-Squares-(PLS) Ansatzes erforderlich. Dieses Strukturgleichungsverfahren ist neben der gleichzeitigen Berücksichtigung einer hohen Anzahl von Determinanten in der Lage, nicht direktbeobachtbare Konstrukte, Interdependenzen, Messfehler und formative Zusammenhänge in die Analyse einzubeziehen, welche die Ableitung von Erfolgstreibern erlauben.