Von Sprache, Überzeugung und Universität
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In seiner ersten Rektoratsrede geht es dem Ägyptologen Antonio Loprieno im weitesten Sinne um Sprachregister: wann welche Ausformung von Sprache angemessen ist und zum gewünschten Kommunikationserfolg führt. Loprieno spricht von der Wirkung des produktiven Spracheinsatzes und schlägt dabei den Bogen zwischen dem Ägypten der Mittleren Bronzezeit und heute. Warum sich Iiemjatib um 1880 v. Chr. in einem Brief an seinen Vorgesetzten ganz bestimmter Merkmale der sprachlichen Etikette bedient und warum es etwa sinnvoll ist, dass Bundesräte im parlamentarischen Alltag Hochdeutsch, in der Fernsehsendung Arena aber Dialekt sprechen. Die kulturell brisante altägyptische Debatte um den Gebrauch des bestimmten Artikels im Brief von Iiemjatib vergegenwärtigt eine Frage, der nicht nur im alten Ägypten, sondern auch in vielen anderen Kulturen, etwa in unserer deutschschweizerischen Gesellschaft, grosse Relevanz zukommt: es ist die Frage der Diglossie. Eine Situation der Diglossie entsteht, wenn zwei Varianten der gleichen Sprache in mehr oder weniger geregelter Konkurrenz zueinander stehen. In der deutschsprachigen Schweiz sind dies die Schriftsprache und Mundart. Das primäre Anliegen, das den Gebrauch von Sprache regelt, definiert sich - so lautet Loprienos These - aus einem Geflecht von individuellem Bedürfnis nach Auszeichnung (Distinktion), und medial beziehungsweise sozial geregelten Kommunikationsstrukturen. Die Schnittstelle zwischen dem Pol der Kommunikation und dem Pol der Distinktion bildet die situationsbedingte Überzeugungsabsicht. Bestimmt wird die Gewichtung von Kommunikation und Distinktion durch soziale Konventionen sowie durch die Regeln des Diskurses, in dem Sprache eingesetzt wird. Konventionen und Diskurse sind kulturspezifisch, ihr gemeinsamer Einfluss auf Sprache hingegen ein menschliches Universal.