Deutsche Erinnerungslandschaften
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Am 14. Oktober 1806 standen sich in der Schlacht bei Jena und Auerstedt preußische und französische Truppen gegenüber. Ergebnis war der Untergang des alten Preußens, nachdem im August des Jahres mit der Niederlegung der Kaiserkrone schon das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“ sein definitives Ende gefunden hatte. Das deutsche Nationalbewusstsein des späteren 19. Jahrhunderts fixierte die Ereignisse der Schlacht als einen schwarzen Tag der deutschen Geschichte. Napoleon als französischer Kaiser war wegen seiner politischen und militärischen Aktivitäten die historische Gestalt dieses Jahrhunderts. Doch markierte die preußische Niederlage auch den Beginn einer behutsamen Reform- und Neuordnungspolitik, die nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft ebenso für den Wiederaufstieg Preußens den Grundstein legte wie für den Weg der mitteldeutschen Kleinstaaten in die Moderne. Noch lange galt „Sedan“ (1870) als „Rache für Jena“ und die Reichsgründung als späte Wiedergutmachung der alten Niederlage. Jena und Auerstedt wird heute – in Zeiten deutsch-französischer Freundschaft – als europäisches Ereignis erinnert, lange nachdem sich beide Nationen als Erbfeinde gegenübergestanden haben. Im Juni 2006 fand in Naumburg eine Tagung statt, während der Wissenschaftler aus beiden Ländern die legendäre Doppelschlacht aus europäischer, nationaler und regionaler Perspektive neu und streitbar bewerteten und einordneten. Gesucht wurde eine angemessene Form der Erinnerung. Behandelt wurden die museale Erinnerung und der Stellenwert von Kriegserinnerungen im Prozess der europäischen Einigung. Napoleon war am Tag der Schlacht 37 Jahre alt. Seit 1804 Kaiser der Franzosen, hatte er am 2. Dezember 1805 bei Austerlitz das Heer der Russen und Franzosen besiegt und damit schon am ersten Jahrestag seiner Kaiserkrönung das französische Übergewicht in Mitteleuropa deutlich gemacht. Die Jena-Auerstedter Doppelschlacht war ein weiterer Schritt beim Ausbau der imperialen Stellung Frankreichs. Sowohl Frankreichs Bürgerkönig Louis-Philippe als auch Kaiser Napoleon III. haben sich Jahrzehnte später die Erinnerung an Napoleon als genialen Feldherrn zunutze gemacht und durch Auftragswerke dazu beigetragen, ihn als Nationalhelden im Gedächtnis der Franzosen zu inszenieren. Im umfangreichen Bildteil des Bandes ist dies ebenso wiedergegeben wie zahlreiche Napoleon-Karikaturen, die nach dem Wendepunkt der Völkerschlacht bei Leipzig deutlich kritischer mit ihm umgingen. Die facettenreichen Beiträge addieren sich auf der Höhe aktueller Forschung zum lesenswerten Kaleidoskop einer bemerkenswerten Erinnerungslandschaft.