Der Medienpraktiker Bertolt Brecht
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Brechts Gespräche liegen nur unzureichend ediert vor und sind von der Forschung bisher fast völlig vernachlässigt worden. Da es sich in der Regel nicht um „Protokolle“ der tatsächlich in den Medien publizierten Debatten handelt, sondern um Voraufzeichnungen dessen, was dann realiter zu Sprache kommen sollte, kam es im Fall, dass die Gespräche als „Dokumente“ der Zeitgeschichte ausgewertet wurden, zu nachhaltigen Missverständnissen: Sie wurden als „theoretische“ Beiträge Brechts gelesen, beim Wort genommen und also – wie in der „alten“ Brecht-Forschung üblich – „ideologisch“ ausgewertet sowie als „Meinung“ des Autors verbucht. Die vorliegende Abhandlung stellt erstmals die überlieferten Interviews mit Brecht, seine Aufzeichnungen zu den Rundfunkgesprächen, die er mit Partnern führte, sowie die (meist unzuverlässigen) oder auch fiktiven Gesprächsprotokolle in minutiös geführten und differenzierenden Analysen vor. – Da es sich bei den überlieferten „Gesprächen“ – vermutlich durchweg – um vorab angefertigte Leseexemplare für die Teilnehmer handelt, die den Verlauf des Gesprächs vorstrukturieren sollten, liegt die Frage nach der Zensur nahe. Die Verfasserin kann jedoch deutlich machen, dass dieses Vorgehen nach dem damaligen Usus der Rundfunk-Organisation mehr oder minder verbindlich war. Des Weiteren weist die Verfasserin nach, dass alle Gesprächsäußerungen Brechts in praktischen und kulturpolitischen Zusammenhängen der Zeit stehen, die häufig auf raffinierte Weise Standpunkte formulieren, die in erster Linie die Gesprächspartner (und damit auch das Publikum) herausfordern, spalten oder zu „Blockbildungen“ führen sollten.