Phänomenologie des Ungeistes
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Ungeachtet der Vielzahl an Publikationen anläßlich seines hundertsten Geburtstags 2003 gilt Adornos Philosophie und insbesondere seine dialektische Gesellschaftskritik, die das Zentrum seiner Theorie gebildet hatte, - nicht zuletzt unter dem Einfluß der Renaissance der praktischen Philosophie und des sogenannten Paradigmenwechsels in der „kritischen“ Theorie - in den dominanten akademischen Diskursen heute als unwichtig und längst überholt. Eine Einschätzung, die sich weniger einer intensiven Lektüre oder etwa einer dramatischen Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse verdanken würde, als deren Kritiker Adorno bedeutend wurde, als vielmehr einer radikalen Verdrängung der gesellschaftstheoretischen Reflexion, die nur noch als Ballast erlebt wird, aus der Sozialphilosophie. Eine Entwicklung, die sich deutlich auch an der Adorno-Rezeption der letzten zwanzig Jahre ablesen läßt, in der entweder Adornos vermeintliche Moralphilosophie rekonstruiert oder - in bester neukantianischer Tradition - nach der sogenannten „normativen Grundlage“ seiner Kritik gesucht wurde. Entgegen dieser so ubiquitären wie gänzlich unangemessenen Deutungsmuster erschließt sich der kritische Gehalt von Adornos Gesellschaftstheorie jedoch nur in dem Maße, in dem sie als dialektische Theorie transparent wird, die nicht nur auf keinerlei - der Sache selbst fremden - „normativen Maßstab“ angewiesen ist, sondern auch einen deutlich realistischeren Blick auf die moderne Gesellschaft ermöglicht als die normativen Sozialtheorien der Gegenwart.