Ekstase, Rhythmus, Stille
Autoren
Mehr zum Buch
Karl Schmidt-Rottluff nutzte die vielseitige Technik der Farbstiftzeichnung während seines gesamten Schaffens. Besonders Landschaften und Stillleben profitierten von der Erforschung der besonderen ästhetischen Reize des Pastells: der samtig-matt schimmernden Oberfläche, der lichten Pracht der Farben, der feinen Eleganz. Seit 1909 arbeitete Schmidt Rottluff mit farbigen Kreiden insbesondere bei bunten Postkartengrüßen; ab 1911 entstanden auch größere Blätter, vor allem Aktstudien und Bildnisse. Hier verwendete er die Malmittel eher graphisch – eine schnelle Notiz der Linie und der groben Form ganz im Sinne der Brücke-Kunst – zur spontanen Erfassung physischer und psychischer Bewegung. In den 1930er und 40er Jahren erhielten die Farbstiftzeichnungen dagegen einen malerischen Charakter. In den Jahren der Diffamierung durch die Nationalsozialisten wurden diese Blätter der Funktion und dem Rang nach zu 'Gemälden': Durch kriegsbedingte Materialknappheit und schließlich aufgrund des gegen ihn ausgesprochenen Malverbots entstanden zwischen 1941 und 1945 statt Ölgemälden zartfarbige Pastelle. In den zahlreichen Stillleben und Naturen erreicht Schmidt-Rottluff eine ergreifende Eindringlichkeit, Verdichtung und Konzentration, die gleichsam zum Symbol wird. Hier erkennt man den immer mehr auf sich selbst zurückgeworfenen Künstler, der mit romantisch-melancholischem Blick atmosphärische, entrückte Landschaftsbilder in gedämpften Farben gestaltet. Diese Gruppe zartfarbiger Malereien aus den frühen 1940er Jahren bildet das Zentrum des Bandes. Doch im Prozess einer neuen Stilbildung im Spätwerk der 1950er 60er Jahre spielte die Pastellmalerei ebenfalls eine große Rolle. Schmidt-Rottluff entwickelte eine spezielle Mischtechnik, bei der verstärkt der Tuschpinsel ausdrucksteigernd zum Einsatz kam. Die Darstellung des Werks Schmidt-Rottluffs anhand seiner Farbstiftblätter ist ein seltener, aber umso gewinnbringender Ansatz.