Indien 1999 - 2005
Autoren
Mehr zum Buch
Zwischen Märchen-Welten und Armuts-Welten, den märchenhaften Schönheiten aus Tausend und einer Nacht, zwischen Kameltrampeln, abgeschnittenen Tierköpfen, quälend arbeitenden Körpern und stumpfer, staubiger Armut ist Axel Heller der Seefahrer, ein Odysseus, der stets zurückkehrt mit dem Leben und ein paar belichteten Filmrollen im Gepäck. Und er fährt jedes mal wieder in die Ferne, um das zu suchen, welches verschwindet für immer. Dieses Wenige, worum es ihm geht, ist hier in Deutschland längst verschüttet, getilgt und ausgestorben: das Ursprüngliche, Genuine, das Existentielle, das Natürliche. Oder scheint es nur so? Sein Thema jedenfalls: der Mensch mit Anwesenheit des Todes, ob Tier oder Königstochter, ob Mönch, Diener, Bettler oder Gaukler–ein anderes: die zermürbende Arbeit, und - dagegen die Feste, Rituale, Traditionen, die das Leben spürbar machen und die verrinnende Zeit:. Und immer wieder Kinder, Rebellen, die sich stemmen mit ihrer Jugend und Phantasie gegen alles dies Vorgesehene. Indien – einmal: zahllose Kamele, die sich in der Wüste versammeln als Ort eines Viehmarktes unter der Sonne in der verbrannten Öde, weiter: nasse Elefantenleiber, gedrängt im Ganges, umringt von hunderten Pilgern oder–immer wieder rituelle Feste, übersät von Gesichtern in unendlicher Vielfalt, wälzende Prozessionen, Kostüme in schimmernden Stoffen und lauten Farben, Gerüche, Lärm, Gottheiten verschiedenster Art–der Kontinent bricht auf in eine Unzahl von Begebenheiten, Daseinsweisen, Orten. Heller erfindet diese Welt nicht, er berührt jenes, was geht von der Welt: Jahrhunderte-alte hölzerne Boote mit windgierigen Segeln, fliegende Rikschas von Menschen getragen mit ihrem süssen Klang der Glöckchen, den spielenden, flötenden Schlangenbeschwörern und Fakiren über funkelnden Glasscherben. Ein Teil unserer Kindheit, die Poesie des Unbekannten, der Märchen und Sagen. Heller verrichtet damit die Arbeit des Bestatters in der Motivik. Im Bildlichen dagegen ist er klarer Konstruktivist der Moderne, ein Konstrukteur des Bildaufbaues–dieser knisternde Zwiespalt seiner Photographie zwischen irdischer Haptik, Kontext (mit abgeschabten, abgeplatzten Wänden) und der puristischen Strenge seiner Bildkompositionen durch den Sucher des Photographen zieht den Betrachter in Bann, eröffnet ihm spürbar die Brisanz des Gesehenen, die Allgemeingültigkeit zugleich. (Maik Buttler)