Das notwendige Befremden der Literatur
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Oft ist bemerkt worden, wie schnell literaturwissenschaftliche Arbeiten überholt sind, wie sie, dem raschen Wechsel der Methoden ausgesetzt, vom jeweils dominierenden „Diskurs“ als veraltet zur Seite geschoben werden. Und gerade die Arbeiten verfallen am schnellsten, die einen Moment lang sich als das Neueste vom Neuen durchsetzten und alles Bisherige in den Schatten stellen wollten. Aber was sich diesem „Betrieb“ von Beginn an verweigert hat, auf der eigenen Erfahrung besteht und die Stimme eines denkenden Ich zu Gehör bringt, überlebt auch in der sogenannten „Sekundärliteratur“, kann sogar nach Jahrzehnten wieder eine ungewöhnliche Aktualität und Notwendigkeit gewinnen. Dabei bedeutet das Bestehen auf der eigenen Erfahrung alles andere als Unwissenschaftlichkeit, es geht vielmehr darum, dass Wissenschaft zu einem Teil des eigenen Blicks wird und nicht vom sozialen und individuellen Leben sich abtrennt. Genau hier liegt der Grundimpuls der literaturwissenschaftlichen Arbeiten von Josef Donnenberg (1930-1997). Für ihn hat die Literatur zum Leben gehört, und was er über Autoren und Bücher, über Literaturgeschichte und Literaturtheorie geschrieben hat, das bleibt lebendig als der Blick eines Ich, das sich gegen die Erfahrungslosigkeit der Vorurteile und gegen die gängigen Meinungen und herrschenden Methoden behauptet mit der alten, immer neuen Frage, wie man denn leben solle, wie man offen bleibe und veränderungsfähig und wie das Konzept der Bildung in unserer Zeit neu zu aktualisieren ist.