Zur Gläubigerrangfolge bei souveränen Schuldnern
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Staatsbankrotte geschehen häufiger, als man denkt. Es hat sie schon zu vorchristlichen Zeiten gegeben, selbst große Reiche wie das römische Imperium oder das spanische Weltreich blieben von ihnen nicht verschont. Staatsbankrotte entschieden Kriege, hatten große politische Auswirkungen und spielten eine wichtige Rolle bei der Legitimierung der Demokratie gegen Monarchie und Autoritarismus. Staatsbankrotte verhindern in der Regel nicht, dass der betreffende Staat innerhalb kurzer Zeit neue Kredite erhält, während insolvente Privatpersonen oder Unternehmen in der Regel für lange Zeit von allen weiteren Krediten abgeschnitten werden. Welche Eigenschaften von Staaten sind dafür verantwortlich? Staaten, auch souveräne Schuldner genannt, können - anders als alle anderen Schuldner - die Rangfolge ihrer Gläubiger festlegen. Somit sind sie innerhalb bestimmter Grenzen in der Lage zu steuern, wer welche Zahlungen erhält. Die möglichen Folgen daraus sind die Bevorzugung einzelner Gläubiger aber auch eine Kreditaufnahme über die Rückzahlungsfähigkeit des Staates hinaus. Aus der Theorie sind aufgrund dieser Konstellation im Bankrottfall langwierige Verhandlungen und Kämpfe zwischen den Gläubigern um die vom souveränen Schuldner zu leistenden Zahlungen zu erwarten. Die Realität zeigt aber, dass die Gläubigerrangfolge über die letzten Jahrzehnte hinweg weitgehend stabil war. Grund für diese Stabilität ist ein Mechanismus, deren tragende Elemente der Pariser Club und der IWF sind. Es ist zu erwarten, dass die sich gegenwärtig vollziehende Veränderung der weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen diesen Mechanismus beeinträchtigt werden wird, sofern nicht wesentliche institutionelle Reformen erfolgen, die unter dem Oberbegriff der „Neuen internationalen Finanzarchitektur“ stehen.