Haus Friedwart, Wetzlar
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Ernst Leitz war gerade mit einem Prototyp der legendären Leica zu deren Erprobung in Nordamerika unterwegs, als in seiner Heimatstadt Wetzlar am Hügel des Kalsmunt mit dem Bau seines Wohnhauses begonnen wurde. In seiner Grundanlage bestimmt durch den später zum Firmenarchitekten avancierten Jean Emil Schmidt, prägen neoklassizistische Motive wie Säulen, Risalite und Mansarddach das repräsentative zweigeschossige Gebäude. Als es galt, sich mit einigen Details zu befassen, empfahl die Schwester des Bauherrn, Bruno Paul hinzuziehen, der binnen weniger Jahre vom Illustrator für die Zeitschriften Jugend und Simplicissimus zum gefragten Entwerfer von aufwendigen Inneneinrichtungen und zum Architekten großbürgerlicher Wohnhäuser und öffentlicher Gebäude aufgestiegen war und gerade ihre Münchner Wohnung eingerichtet hatte. Angeregt durch seine Tätigkeit als Direktor der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseum Berlin, arbeitete Bruno Paul gern mit Künstlern aus anderen Disziplinen zusammen. So stammen die kraftvoll geschwungenen Akanthusranken des Treppengeländers in der Halle des Hauses Friedwart von seinem Kollegen Emil Orlik. Im Deckenbalken zum Treppenhaus ist die Namensgebung des Hauses in einem Vers verewigt, die 'Friedwart' als pazifistische Antwort auf den gewaltsamen Umbruch Europas während der Bauzeit von 1914 bis 1917 verstehen läßt. Durch Holzvertäfelungen, Einbauten und die Gestaltung der Decken verlieh Bruno Paul jedem Raum ein spezielles Gepräge. Details wie Türklinken, Heizkörperverkleidungen und Beleuchtungskörper sind bis heute ebenso erhalten wie alle eigens für das Haus angefertigten Möbel. So bildet der Bau ein einzigartiges Beispiel für Bruno Pauls Raumkunst, die mit ihren Zickzack-Linien, Doppelbögen und Sternformen eine Frühform des Art Déco darstellt. Haus Friedwart bot dem Bauherrn den geeigneten Rahmen für ein reiches gesellschaftliches Leben mit zahlreichen prominenten Persönlichkeiten als Gästen. Auch heute noch ist das Haus ein Ort vielfältiger öffentlicher Veranstaltungen auf dem Gebiet der Musik, der Literatur und der Politik. Der Kunsthistoriker Alfred Ziffer hat sich seit einer von ihm eingerichteten monographischen Ausstellung über Bruno Paul im Münchner Stadtmuseum im Jahr 1992 immer wieder zu dessen Leben und Werk geäußert. Petra Wittmar studierte Photographie an der Folwangschule in Essen, Ulrich Deimel Germanistik und Philosophie an der Universiät Essen. Seit 1986 firmieren sie als Deimel +Wittmar in Essen, und schon seit vielen Jahre zählen sie zu den angesehensten Architekturphotographen in Deutschland. Gerd Scharfscheer lebt als Photograph in Wetzlar. Zusammen mit Herbert Flender als Textautor brachte er das Buch Wetzlarer Stadtchronik heraus. Seine Aufnahmen des Hauses Friedwart entstanden in enger Zusammenarbeit mit Knut Kühn-Leitz, der sich heute zusammen mit seiner Schwester Cornelia um das Haus kümmert.