Nachmaterialistische Naturwissenschaft
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Man könnte meinen, unsere Gesellschaft sei ein bisschen verrückt. Tausende von Ärzten und Heilpraktikern arbeiten mit homöopathischen Mitteln, setzen Akupunkturnadeln oder nutzen Bioresonanzgeräte. Andere erzielten Erfolge mit Farbtherapien, mit Orgontechniken oder mit Vorgehensweisen des Geistheilens. In unserer Gesellschaft verbreiten sich Erfahrungen und Praktiken im Umgang mit Natur und Leben, auf die wissenschaftliche Institutionen, und in deren Schlepptau auch Politik und Parlamente, bislang vor allem mit struktureller Ignoranz, mit Beiseiteblicken oder mit erheblicher Verunsicherung reagieren. Wenn in einer bestimmten Entwicklungsphase von Naturwissenschaft Theorie und Erfahrung auseinander fallen, so ist stets zuerst zu fragen ob und auf welchem Wege die Theorie so weiter entwickelt werden kann, um auch die neuen, für sie zunächst sperrigen Erfahrungen zu integrieren. Das Konzept einer Nachmaterialistischen Naturwissenschaft weist solche Wege auf und zeigt, wie die Verwissenschaftlichung unkonventionel-ler Erfahrungen des oben geschilderten Typs zukünftig geleistet werden kann. Das Konzept einer Nachmaterialistischen Naturwissenschaft setzt bei der Überwindung von Denktabus an. Es zielt radikal – d. h. konsequent an die Wurzel gehend – auf die Veränderung der paradigmatischen Grundannahmen, auf denen naturwissenschaftliche Theorie- und Erklärungsgebäude errichtet werden. Nachmaterialistische Naturwissenschaft ist vor allem ein methodisches Konzept. Sie strebt zudem an, Wissen über unkonventionelle Erfahrungen systematisch zu sammeln, zusammenzustellen und unter übergreifenden Gesichtspunkten auszuwerten. Nachmaterialistische Naturwissenschaft integriert darüber hinaus empirische und theoretische Erkenntnisse aus dem Bereich herrschender Naturwissenschaft mit vielem, heute noch jenseits seiner Grenzen liegendem, unkonventionellem oder aus dem Bereich herrschender Naturwissenschaft schrittweise ausgegrenztem Wissen. Das Konzept einer Nachmaterialistischen Naturwissenschaft orientiert sich konsequent an den Prinzipien neuzeitlicher Aufklärung und stellt so – gestärkt durch wissenschaftstheoretische Einsichten und Erfahrungserkenntnis – auch das paradigmatische Fundament herrschender Naturwissenschaft auf einer grundsätzlichen Ebene in Frage. Das vorliegende Buch soll das Gespräch über Sinn, Realisierungsmöglichkeit und praktischem Nutzen des Übergangs zu einer Nachmaterialistischen Naturwissenschaft anregen und unterstützen. In ihm sind Beiträge zusammengestellt, die in den zurückliegenden Jahren als Zwischenergebnisse von Forschungsprojekten des Zukunfts-Zentrums Barsinghausen verfasst wurden.