Zwischen Einladung und Ausweisung
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Die deutschen bäuerlichen Siedler im Königreich Polen bildeten eine weitgehend abgesonderte Gruppe von Landwirten, die als Einwanderer auf Betreiben der kongresspolnischen Regierung sowie polnischer Grundherren angesiedelt wurden. Als freien und auf Zins gesetzten Bauern war es den Kolonisten möglich, sich an die vorgefundenen Bedingungen anzupassen und marktorientiert zu wirtschaften. Dies verschaffte ihnen eine wirtschaftliche Besserstellung, die sich jedoch zum Ausgang des 19. Jahrhunderts immer stärker verringerte. Während die einheimische Bauernschaft nach ihrer Befreiung und Landreform sowie im Zuge besserer agrotechnischer Aufklärung immer stärker an Dynamik gewann, stagnierten die Höfe der deutschen Siedler, die sich nach wie vor an der Wirtschaftsführung der Einwanderergeneration orientierten und ihre Methoden anwandten. Mit dem Eingang nationaler Sichtweisen in den öffentlichen Raum wurden die deutschen Kolonisten nicht mehr durch das Prisma des Ökonomischen betrachtet, sondern zunehmend als eine russisch- und polenfeindliche, den antislawischen Bestrebungen Preußens und des Deutschen Reiches dienliche Bevölkerungsgruppe wahrgenommen. Nach den ersten empfindlichen militärischen Rückschlägen im Ersten Weltkrieg suchte der russische Generalstab nach Schuldigen und fand diese in der deutschen und jüdischen Bevölkerung der Westgouvernements. Mit der Deportation von deutschen Kolonisten aus Kongresspolen in die inneren Gouvernements Russlands beabsichtigten die russischen Militärs, sowohl von den eigenen Fehlern abzulenken als auch die Zustimmung und das Wohlwollen der Polen gegenüber Russland zu fördern und zu festigen. Zeitgleich suggerierten die Liquidationsgesetze eine Bestrafung der ‚inneren Feinde‘, was die einheimischen Bauern als eine Vorstufe zu einer erneuten Bodenreform wahrnahmen.