Moralisten der europäischen Tradition
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Auszug…„constamment en état d’épigramme…“ Chamfort I. Wahrheiten über den Menschen Einführung in die Literatur der europäischen Moralisten Noch heute denkt manch einer, ein Moralist sei, wie die Alltagssprache es zuweilen wohl meint, ein Mensch, der die Mitlebenden dazu auffordert, tugendhaft, sittsam und im Wesentlichen korrekt zu sein, also die Vorschriften der Moral einzuhalten, als deren etwas sauertöpfischer Wärter er erscheint. Ganz so einfach ist es freilich nicht. In der Geschichte der Literatur sind die Moralisten der nachantiken Epochen, die vorwiegend in Prosa, zuweilen aber auch in Versform wie im Epigramm, in Dialog wie Essay und Traktat, Schriftsteller, die von der conditio humana handeln. Sie sind Beobachter des Menschenherzens, der Größe wie des Elends der Menschen (Blaise Pascal), mehr Schriftsteller und Denker als Prediger und Propheten, wie wir sie aus dem Alten Testament wohl kennen (Die Sprüche Salomos, Der Prediger Salomo). Eine der unvergesslichen Gestalten aus der Antike, ist der griechische Sklave Epiktet in Rom, eine andere ist die des stoischen Herrschers auf dem Cäsarenthrone, Marc Aurel, dessen „Selbstbetrachtungen“ wie das „Encheiridion“ des Epiktet bis heute noch bewundernde Leser finden. Nicht wenig wird auch durch die alten Geschichtsschreiber der modernen Welt vermittelt: Die Art, wie zuweilen Figuren beurteilt werden, die eine bedeutende Rolle gespielt haben, eine kurze Zusammenfassung, eine knappe Kommentierung bei Tacitus hat zweifellos als Anregung und Vorbild dienen können, wie dies auch für Plutarch noch gilt, der bis in das frühe 19. Jahrhundert hinein lebendig gewirkt hat.