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Südtirol baut und baut und wie in welchem Umfeld?

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Vor dreißig Jahren ist eine längst überfällige Untersuchung zur Geschichte der Architektur unseres Landes erschienen: „Architektur in Südtirol seit 1900“ von Paul Preims. Diese umfangreiche ARUNDA Publikation enthält neben Beispielen des Jugendstils erstmals auch eine Würdigung der rationalen Architektur, die bei uns mit der Zeit der faschistischen Herrschaft zusammenfällt. Gemeint sind damit nicht die historisierenden Protzbauten, wie das Siegesdenkmal oder die - teilweise abgetragene - Drususbrücke von Bozen, sondern die verschiedenen Zweckbauten, von denen sich einige erhalten haben. So zum Beispiel das Freizeitzentrum der Gioventù Italiana aus dem jahre 1936; der Großteil der Anlage wurde in das Gesamtkonzept der EURAC einbezogen und beherrscht nun mit dem Glasbaukörper (Klaus Kada, Bauzeit ab 2002) das Stadtviertel bei der Drususbrücke in Bozen. Mehrere bedeutende Architekten aus der Faschistenzeit konnten große Arbeiten verwirklichen; auf die Entwicklung der Architektur haben sie aber kaum Einfluss genommen, vielleicht in der Stadt, am wenigsten auf dem Lande. Die autonomistische Entwicklung führte zum Erstarken der Gemeinden und deren Verwaltung. Früher gab es vor allem italienische Gemeindesekretäre, die großen Einfluss hatten, besonders was die Vergabe der Bauaufträge und deren Finanzierung betraf; heute gilt dies nur noch für Bozen und andere Gemeinden mit großem italienischen Anteil. Der Geschmack der deutschsprachigen Südtiroler ist angeblich alpin, also ortsgebunden, orientiert sich oft nach dem Lieblingsstil der Architekten und deren Ausbildungsstätte. Kaum eine mit der Größe und Sozialstruktur Südtirols vergleichbare Gegend dürfte ähnlich viele Architekten und Architektinnen mit internationaler Ausbildung aufweisen; eingetragen in das Berufsalbum sind über 1000. Dazu kommen noch Ingenieure und zahlreiche Geometer, die kleinere Arbeiten ausführen können. Inzwischen ist die Arbeit knapp geworden. Es gibt eine beachtliche Anzahl kleiner und kleinster Planungsbüros - eine weitere Besonderheit unseres Landes. Ob sich daraus etwas Eigenständiges entwickeln könnte, wie im benachbarten Engadin, in Nordtirol oder Vorarlberg? Die besagte Arbeit von Paul Preims über die Architektur in Südtirol seit 1900 ist vor allem eine Bestandsaufnahme über die Pioniere der „modernen“ Architektur und reicht bis etwa 1980. Die „jüngeren“ Architekten, die seitdem den Großteil der Bauaufträge ausgeführt haben, konnten darin noch nicht berücksichtigt werden. Seitdem sind mehrere einschlägige Arbeiten erschienen, die vor allem Einzelarchitektur darstellen. Der früher zuständige Landesrat für Raumordnung, Alfons Benedikter, ging sehr sparsam mit Baugenehmigungen um und verteidigte jeden Quadratmeter Land. Wegen seiner Unbestechlichkeit und Strenge wurde er sogar als Kommunist beschimpft. Nach dem Ende der Ära Benedikter haben sich dann die Schleusen geöffnet; damit verbunden war der Beginn des Baubooms mit entsprechender Zersiedelung, obwohl es durchaus überlegte Bebauungspläne gegeben hätte. Früher wurde noch versucht, in den Siedlungsanlagen die soziale Komponente zu berücksichtigen und die Ghettobildung zu verhindern. Viele junge Architekten sehen aber nur noch ihren Bau; das Denken in Zusammenhängen, also das Planen von Ensembles, ist vielfach verloren gegangen. In der vorliegenden Untersuchung werden mit über 400 Farbbildern auf 170 Seiten die städtischen und dörflichen Siedlungsgebiete auf gelungenes und „verpatztes“ Planen untersucht. Über das ganze Land Südtirol breitet sich der Bogen dieser Nachforschung, streift über Bergflanken bis in die hintersten Täler, ergänzt durch Skizzen, Fachbeiträge und Interviews. Im Schlusswort dieses Buches - das malerische Ortsbild - lässt Paul Preims poetisch anklingen, wie heimelig organisch Gewachsenes sein könnte. Mit Beispielen aus früheren Zeiten, die als Archetypen in uns weiterwirken, wird der ganze Horizont sichtbar. Als großer Bogen.

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ISBN
9783706624701

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2010

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