Die wegen Sittenwidrigkeit rechtswidrige Körperverletzung
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Gemäß § 228 StGB handelt der Täter einer mit Einwilligung des Opfers vorgenommenen Körperverletzung rechtswidrig, wenn die Tat trotz Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt. Letztlich entscheidet daher der Sittenverstoß über die Rechtswidrigkeit und damit über die Strafbarkeit des Täters. Dieser Verweis auf die guten Sitten ist seit jeher Auslöser intensiver Diskussionen. Gerade in den letzten Jahren hat der Diskurs erheblich an Fahrt aufgenommen. In jüngster Zeit hatte die Rechtsprechung über mehrere Aufsehen erregende Sachverhalte zu § 228 StGB zu entscheiden. Zum Beispiel über die Verabreichung von Heroin mit Einwilligung des Opfers, was zum Tod führte. Außerdem über einverständlich vorgenommene sadomasochistische Sexualpraktiken, die den Tod verursachten. Außerdem war § 228 StGB im Fall eines illegalen Autorennens anzuwenden, das zu einem Unfall führte. Auch in Zukunft wird der Vorschrift erhebliche Bedeutung zukommen. So ist an die Veranstaltungen des Ultimate-Fightings, einer Kampfsportart, zu denken oder an verabredete Auseinandersetzungen unter Hooligangruppen. Im Blick zu behalten ist außerdem die Diskussion um Doping im Sport. Letztlich sei auf das Phänomen sog. Wannabes hingewiesen. Dies sind Personen, die aus unterschiedlichen Gründen die Amputation gesunder Körperglieder wünschen. Trotz aller Kritik an § 228 StGB hat der Gesetzgeber die Norm im Zuge des 6. Strafrechtsreformgesetzes nicht gestrichen. Die Vorschrift ist weiterhin anzuwenden und gibt vor, dass es eine Verfügungsgrenze für die Einwilligung in eine Körperverletzung gibt. Doch wie ist das Merkmal der guten Sitten auszulegen? Ist es überhaupt (noch) tauglich, eine Grenze für Dispositionen über die körperliche Integrität zu ziehen? Ist die Norm neu zu fassen, und wie könnte sie gestaltet werden? Das Buch soll zur Beantwortung dieser weiterhin streitigen Fragen Hilfe leisten. Für Gerichte und Wissenschaft, für Staatsanwälte und Verteidiger und vor allem für Beschuldigte und Opfer hat diese Klärung große Bedeutung. Dies zeigen die oben genannten Fallkonstellationen. Mit der vorliegenden Darstellung erfolgt eine Bestandsaufnahme der Entwicklung der Rechtsprechung seit 1880 und der Diskussion in der Wissenschaft zur Frage der Auslegung des Merkmals des Verstoßes der Tat gegen die guten Sitten in § 228 StGB. Die vertretenen Ansichten werden kritisch gewürdigt. Letztlich kann festgestellt werden, dass bei den heute vorherrschenden Meinungen der Begriff der Sittenwidrigkeit zum Begleitphänomen herabgestuft wird und eine Entethisierung stattfindet. Weiter wird untersucht, was aus der Auslegung und Anwendung zivil- und öffentlichrechtlicher Vorschriften, die ebenfalls auf die guten Sitten verweisen, für das Verständnis des § 228 StGB gewonnen werden kann. In den eigenen Beitrag zur Auslegung werden diese Erkenntnisse und die zu den bestehenden Auffassungen geäußerten Kritikpunkte aufgenommen. Dabei zeigt sich, dass § 228 StGB zwar nicht funktionslos oder überflüssig ist. Eine Auslegung, die alle Kritikpunkte beseitigt, ist aber nicht möglich. Der Autor befasst sich daher auch mit der Frage, was in eine notwendige Neufassung der Vorschrift einfließen sollte. Im Rahmen dieser Überlegungen wird der Frage nachgegangen, was aus Gesetzesänderungen, bei denen der Begriff der guten Sitten weggefallen ist, für eine Reform des § 228 StGB folgt.