Deutsche Großunternehmer vor Gericht
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„Nürnberg“ gilt bis heute als Fanal für die alliierte Abrechnung mit Kriegs- bzw. NS-Verbrechern nach dem Zweiten Weltkrieg. Während sich der bekannte Hauptkriegsverbrecherprozess gegen Hermann Göring u. a. umfassender Behandlung durch die historische Forschung sowie weitgehender Zustimmung erfreuen kann, sind die Begleitumstände der alleine von den USA durchgeführten „Nürnberger Nachfolgeprozesse“ gegen deutsche Elitensegmente weit weniger untersucht worden und die Einschätzung durch Historiker ist heterogen geblieben. Insbesondere die Prozessierung von mehr als vierzig Managern und Direktoren des Flick-, des Krupp- und des IG Farbenkonzerns war damals und gilt bis heute als umstritten. Aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte und der prozessualen Auffälligkeiten wurden diese Prozesse in der deutschen Öffentlichkeit, teilweise aber auch im Ausland von Beginn an als Symbolprozesse angesehen. In deren Rahmen kam den angeklagten Konzernlenkern offenbar eine Stellvertreterfunktion für das deutsche Big Business und damit für eine ganz bestimmte NS-Interpretation zu, die den „Faschismus“ als Ausgeburt des in Monopolen und Kartellen erstarrten kapitalistischen Wirtschaftssystems verstand. In der Tat wird bei näherer Betrachtung schnell deutlich, dass der Anklagewille keineswegs auf vollständigem inneramerikanischem Konsens beruhte, sondern von einer teils links-liberal, teils sozialistisch gesinnten Gruppe von US-Besatzungsbeamten getragen wurde. Die vor diesem Hintergrund gestellten Fragen nach dem politischen Credo der beteiligten Besatzungspolitiker und Staatsanwälte, nach den Kriterien zur Auswahl der anzuklagenden Unternehmer, nach der Anklagestrategie und den (besatzungs)politischen Zielen der US-Beamten und Prosekutoren werden in der Untersuchung durchaus kritisch beleuchtet und auf ihre damalige Wirkungsentfaltung untersucht. Vor dem Hintergrund der Befunde über die Anklagephilosophie, die viel stärker auf Propagierung politischer und wirtschaftlicher Reformierungsideen, als auf strafrechtliche Aburteilung setzte wird schließlich klar, dass der ohnehin mühevolle Umgang des deutschen Big Business mit der eigenen Verantwortung/Schuld durch die Art und Weise der Prozessführung deutlich erschwert worden sein muss.