Grenzüberschreitungen
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Die öffentliche Diskussion um „kulturelle Fremdheit“ in Deutschland konzentriert sich nach wie vor auf die angenommenen Unterschiede zwischen „Menschen mit Migrationshintergrund“ und „Einheimischen“. Dabei lebt ein Großteil der Gruppe der so als „Fremde“ markierten schon seit mehr als 40 Jahren hier oder hat selbst gar keine Migrationserfahrung. Diese Diskussion von einer anderen Seite zu beleuchten, sie von der Fokussierung auf die „hinzugekommenen Fremden“ zu lösen und auch auf das Verhältnis von Ost- und West-Deutschen zu beziehen, ist daher Anspruch der vorliegenden Arbeit. Die Menschen aus der ehemaligen DDR sind einerseits weit weniger als „kulturell fremd“ markiert und gehören wie selbstverständlich „dazu“, haben aber andererseits erst vor 20 Jahren ihre Migrationserfahrung gemacht (wenn es sich auch um eine „Migration ohne Ortswechsel“ handelte). Die Arbeit geht dazu der Verarbeitung der Erfahrung von Fremdheit in zwei Texten von Autoren der deutsch-türkischen respektive deutsch-deutschen Literatur nach. Die Texte zeigen einerseits, wie ähnlich sich die Erfahrungen der beiden Gruppen sind, und machen dabei gleichzeitig deutlich, dass die „kulturelle Befremdung“ in beiden Fällen vor allem Ausgangspunkt für eine sehr viel weit reichendere „Befremdung des Eigenen“ ist. Andererseits unterstreichen sie in der Art ihrer ästhetischen Bearbeitung dieser Erfahrungen, dass die Grenzen zwischen „fremd“ und „eigen“ nicht zwischen kulturellen Kollektiven verlaufen, sondern quer durch das Individuum gehen. Die Texte stellen so auch das vermeintlich sichere Wissen über die Unterschiede zwischen beiden Polen in Frage und können in diesem Sinne als Literatur von „Grenzgängern“ verstanden werden.