Zu Heidegger
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Das Inhaltsverzeichnis zeigt an, dass in dem Nachtrag einigen Sonderfragen nachgegangen wird. Heideggers Seinsdenken als Denken der Geschichtsgründung nach dem Untergang des Abendlandes als Kultur, einem Untergang , der seinen entscheidenden Beleg im Ersten Weltkrieg findet, ist, so meine Grundauffassung, geradezu und im Kerngehalt aus diesem Kontext zu erschließen. Und es ist ein bloß ideologischer Eiertanz, Heidegger als konservativen Kritiker der Kultur zu denunzieren. Denn bereits der Erste Weltkrieg als Ausdruck der europäischen Weltverfassung hat augenfällig gemacht, dass der Rekurs auf Kultur nichts als bloße Selbstverblendung darstellt. Dass Cassirer, ein Neukantianer, der den Neukantianismus nicht substanziell sondern bloß funktional verstanden wissen will, in Davos von Heidegger, der Kant ontologisch liest, in eine Kant-Deutungskontroverse hineinziehen läßt, statt von seinem Symbolbegriff her Heideggers Sein und Zeit einer Kritik zu unterziehen was übrigens eine Bewährungsprobe für die Philosophie der symbolischen Formen gewesen wäre , ist als ein Versäumnis zu registrieren. Dass Habermas (1961) mit Blick auf die Davoser Disputation Cassirer verklausuliert ins Stammbuch schreibt, dass diesem als Juden verwehrt ist, bis zu den Griechen zurückzugehen, was Heidegger, dem Deutschen, vorbehalten ist ist ungeheuerlich oder, was dasselbe besagt, abendländisch-deutsch ehrlich. Und denkpolitisch ist ein höchst paradoxer und bestürzender Vorgang, daß Rosenzweig, der Autor des Sterns der Erlösung (1921), eines Grundwerks der jüdischen Religionsphilosophie im 20. Jahrhundert, unmittelbar nach der Davoser Disputation nur aufgrund eines Zeitungsberichts in Heidegger einen Denkverbündeten sieht, hoch erfreut darüber, dass Heidegger Cassirer, laut des Berichts, in der europäischen Öffentlichkeit niedermachte. Dass Heidegger nicht beim Seinsdenken blieb, sondern über die Frage der Technik zum Denken des Ereignisses übergeht, hat seinen Grund allein darin, dass die von Heidegger anvisierte Geschichtsgründung misslang, Heideggerisch gesprochen: seinsgeschicklich versagt blieb.