Selbstregulierung in der Energiewirtschaft
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Die Wettbewerbsbelebung auf den netzvor- und netznachgelagerten Elektrizitäts- und Gasversorgungsmärkten hängt maßgeblich davon ab, dass die vorhandene Netzinfrastruktur allen interessierten Netznutzern - unabhängig von Konzernverflechtungen und -interessen - zu gleichen Bedingungen angeboten wird. Schuldner dieses umfassenden Gebots der Nichtdiskriminierung sind nach den einschlägigen Rechtsgrundlagen des Energiewirtschaftgesetz (= EnWG) Betreiber von Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetzen. Die verschiedenen in § 8 Abs. 5 EnWG angeordneten Organisationspflichten konkretisieren insofern das energierechtliche Gebot der Gleichbehandlung. Ziel der jeweiligen Vorschriften ist es, ein diskriminierungsfreies, transparentes und unabhängiges Netzgeschäft im Sinne der Entflechtungsziele (§ 6 Abs. 1 S. 1, 2 EnWG) zu gewährleisten. Die im Ordnungsrahmen normierten Vorgaben beschränken sich dabei ausschließlich auf die Aufstellung und Bekanntgabe von internen Verhaltensrichtlinien (sog. Gleichbehandlungsprogrammen) sowie auf die Benennung eines geeigneten Gleichbehandlungsbeauftragten. Weiterführende gesetzliche Konkretisierungen finden sich im EnWG ebenso wenig wie spezielle behördliche Beanstandungs- oder Festlegungskompetenzen. Mithin realisiert sich in § 8 Abs. 5 EnWG nahezu der Prototyp einer verhaltenssteuernden Selbstregulierung. Neben den öffentlich-rechtlichen (regulatorischen) Vorgaben müssen die verpflichteten Selbstregulierungsadressaten besonders auch die Voraussetzungen und Determinanten des Individual- und Kollektivarbeitsrechts im Blick behalten. Als zentrale Vorschriften sind dabei § 106 S. 1 GewO (= arbeitgeberseitiges Direktionsrecht) sowie die Mitbestimmungstatbestände in § 87 Nr. 1 und Nr. 6 BetrVG zu nennen. Ebenfalls sollten die Normanwender die Augen nicht gänzlich vor den vorprogrammierten nationalen Gesetzesänderungen - veranlasst durch die Energiebinnenmarktrichtlinien 2009 - verschließen. In Anbetracht der zu beobachtenden Tendenz, dass Unternehmen öffentlich- und zivilrechtliche Haftungsrisiken über vorsorgeorientierte Compliance-Strukturen abzuwehren versuchen, sprechen vielfältige Gründe dafür, dass die aus § 8 Abs. 5 EnWG resultierenden (regulatorischen) Organisationspflichten dabei einen integrierten Bestandteil bilden sollten.