Die Stasi weiß, was ich nicht weiß
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Der „wirtschaftskriegerisch“ motivierte Prozess vor dem Obersten Gericht der DDR gegen Herbert F. Latinsky, einen erfolgreichen Hamburger Kaufmann, hatte nicht viel mit einem Strafprozess im üblichen Sinn gemein. Das ganz besondere Interesse an dieser Art der Schauprozesse und ihrer politischen Instrumentalisierung wird bereits an der Tatsache deutlich, dass der Generalstaatsanwalt der DDR am 06.10.1967 unmittelbar an Erich Honecker berichtete – und die Urteile dann propagandistisch verwertet wurden. Entsprachen die vorgebrachten Anschuldigungen der Spionage, Sabotage, des Menschenhandels und der ideologischen Diversion der DDR gegen Latinsky nun der Wahrheit? Aufgabe dieses Buches ist nicht die juristische Nachlieferung eines fairen Gerichtsprozesses, den es damals nicht gegeben hat. Vielmehr stehen die bemerkenswerten Erlebnisse eines Mannes im Vordergrund, der die gut geölten Mechanismen der Untersuchungsorgane der DDR existentiell zu spüren bekam. Der Autor Felix Reid führte über zweieinhalb Jahre Interviews mit Herbert Latinsky, in denen dieser 91jährig auf den tragischen Wendepunkt seines ohnehin bewegten Lebens zurückblickte. Weiterhin recherchierte der Autor im umfangreich zur Verfügung stehenden Aktenmaterial des BStU und rekonstruierte die Geschehnisse anhand der Stasi- und Prozessakten. Felix Reid gibt die Latinsky-Interviews authentisch und ohne Wertung wieder und setzt die Dokumente aus den Stasi-Archiven bewusst unkommentiert gegen die Interviewtexte. Dieses Buch ist dabei nicht nur ein einzigartiges Zeitzeugnis der Stasiverhöre, der politischen Justiz sowie der Haftbedingungen, sondern auch der deutsch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen der 50er und 60er Jahre.