Theater Pößneck
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Eigentlich waren wir auf die Landesgartenschau Pößneck 2000 eingeladen, um ein Projekt im Rahmen des Kunstprogramms zu realisieren. Unter dem Titel „Das Große Welttheater“ nach dem gleichnamigen Renaissance-Stück von Calderon sollten Allegorien wie der Bettler, der Meister, die Schönheit, die Weisheit, der Reichtum in Form eines Kunstparcours auf dem Gelände der Landesgartenschau inszeniert werden. Als wir 1999 nach Pößneck kamen, fiel uns die enorme Dichte an historischen Brüchen und Umschichtungen in der Stadt auf; Spuren eines fortwährenden Paradigmenwechsels zwischen Ackerbürgerstadt und industrieller Revolution, Sozialismus und Marktwirtschaft, Vollbeschäftigung und Arbeitslosigkeit, blühenden Landschaften und schrumpfenden Städten. Aus diesen Spuren und der Auseinandersetzung mit der Rolle des „Meisters“ ergab sich für uns die Suche nach einer übergeordneten Perspektive, in der sich die Landesgartenschau mit der Stadt und den Menschen vor Ort in Beziehung setzen ließe. Im September bot sich die Möglichkeit, eine leer stehende Fabrik am Rande der Landesgartenschau und in unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum zu ersteigern. Das Gebäude war um 1900 als Lederfabrik „Albert, Georg Chr. & Co.“ erbaut und später als Werkstatt und Werbeabteilung der HO, der staatlichen Handelsorganisation der DDR, genutzt worden. Nach zehn Jahren Leerstand zogen wir nun ein, hängten in Anlehnung an das Stück von Calderon ein Banner mit dem Schriftzug „Theater“ an die Fassade und baten verschiedene Akteure, sich in Form von Ausstellungen, Konzerten, Theateraufführungen, Gesprächen, Ideen und Festen zu beteiligen und so selbst Teil des großen Welttheaters zu werden. Diese Publikation versammelt unterschiedliche Beiträge von Projektbeteiligten und Beobachtern. In den Texten äußern sich der Brauereibesitzer, der Bürgermeister, der Stadtchronist und Heimatforscher, ein Journalist, ein Architekturtheoretiker, die Nachbarn, Freunde, Schüler und Studenten. So entsteht aus verschiedenen Perspektiven ein Bild von dem, was wir „Theater Pößneck“ genannt haben; gleich ob es Bühne, Ort, Inszenierung, Projekt, soziale Skulptur, Utopie, Interaktion, Partizipation oder Zeitverschwendung war. Texte: Philipp Ahrens, Katrin Banhart, Hans-Walter Enkelmann, Helge Fischer, Barbara Hänel, Jürgen Höfer, Simon Kaminski, Bärbel Kolb, Adelheid Künzel, Georg Peltzer, Tino Pietzschmann, Michael Roolant, Diana und Danny Rosenau, Beate Schicketanz, Bianca Sengelaub, Christiane Sörensen, Joachim Swillus, Nicolaus Wagner, Roman Weidhase, Arne Winkelmann. Fotos: Steffi Becker, Christoph Faulhaber, Jürgen Höfer, Dominik Lutz, Frank Müller