"Dummheit" in altchinesischen Texten
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Das halbe Jahrtausend vor Gründung des chinesischen Kaiserreichs 221 v. u. Z. gilt als Periode intellektuellen Umbruchs und dynamischen politisch-sozialen Wandels. Während die Institutionen des Zentralstaats heranreiften und eine wachsende soziale Mobilität die Transformation der Oberschicht begleitete, veränderten sich auch Ordnungs- und Wertvorstellungen der zerfallenden Stammesgesellschaft. Peripatetische Gelehrte und Verwaltungsfachleute bildeten mit ihren Schriften die Keimzelle einer ‚Öffentlichkeit‘, die über Form und Funktion des idealen Gemeinwesens so hitzig debattierte, dass am Ende nicht nur die Zurechnungsfähigkeit aller Beteiligten in Frage gestellt, sondern auch ein ganzer Katalog neuer politisch-sozialer Schlüsselwörter entstanden war. Christian Schwermanns Studie untersucht vor diesem Hintergrund das Begriffs- und Wortfeld der „Dummheit“ und die Etappen seines Bedeutungswandels im Längsschnitt von der West-Zhou-Zeit (1045–771 v. u. Z.) bis ins frühe Kaiserreich. Über die Methoden der Begriffsgeschichte und historischen Semantik hinausgehend, beschreibt sie nicht nur die Verwendungsweisen von Einzelwörtern sowie deren sich verschiebende Positionen innerhalb des Feldes, sondern rekonstruiert aus den Verwendungszusammenhängen der Wörter auch bestimmte Aspekte der Ideen- und Mentalitätsgeschichte dieser Zeit und setzt den Bedeutungswandel („Wörter“) in Bezug zum kulturellen und sozialen Wandel („Sachen“). So wird verständlich, inwiefern manche Dummheit im antiken China auch ihre Klugheit hatte und warum man sich bei Bedarf sogar vorsorglich zur eigenen Inkompetenz bekannte.