Ethnische Stereotype aus der Perspektive von Jugendlichen mit Migrationshintergrund
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In Deutschland werden Menschen mit Migrationshintergrund häufig noch immer als die 'Anderen', die 'Fremden' wahrgenommen. Mit der Zuordnung zu einer 'fremden ethnischen' Gruppe erfolgt meist auch die Zuschreibung bestimmter gemeinsamer Eigenschaften und Verhaltensweisen. Mit der Gruppenzugehörigkeit werden spezifische ethnische Stereotype verknüpft, die mitbestimmen, wie Angehörigen der Gruppe in sozialen Interaktionen begegnet wird. Negative Stereotype können sich in offenen Vorurteilen äußern, aber zum Beispiel auch in Ablehnung, fehlender Akzeptanz, Diskriminierungen und Ausgrenzungen. Insbesondere Jugendliche mit Migrationshintergrund, die sich in einer Phase großer Entwicklungsanforderungen befinden, müssen sich in ihrem Aufwachsen gerade mit den negativen Stereotypen, die in der Gesellschaft über ihre Gruppe bestehen, auseinandersetzen und einen Weg finden, mit diesen umzugehen. Der Migrationshintergrund der Jugendlichen wird häufig zur Grundlage bestimmter Erwartungen und ethnischer Zuschreibungen, sei es in alltäglichen Interaktionszusammenhängen oder im Schulsystem. Ethnische Stereotype über die eigene Gruppe, ob direkt geäußert oder subtil vermittelt, ob als offener Angriff oder ständige Abwertung, können sich in vielerlei Weise negativ auf die Gruppenmitglieder auswirken. Über die Frage aber, wie Jugendliche mit Migrationshintergrund ethnische Stereotype erleben und welche Bedeutung diese in ihrem Alltag erlangen, ist noch wenig bekannt. Hier setzt diese empirische Studie an. Anhand dreier Gruppendiskussionen und ihrer dokumentarischen Interpretation wurden die Erfahrungen und Bewältigungsformen dreier Gruppen von Jugendlichen mit türkischem Migrationshintergrund in Bezug auf ethnische Stereotype rekonstruiert. Es wird deutlich, dass die Stereotype, die in der deutschen Gesellschaft über ihre Gruppen bestehen, bei den Betroffenen nicht ohne Wirkung bleiben. Die Jugendlichen müssen sich mit ethnischen Zuschreibungen und negativen Stereotypen auseinandersetzen, entwickeln aber innerhalb dessen individuelle Perspektiven, setzen sich konstruktiv mit ihrer Umwelt auseinander und gestalten diese aktiv mit. Das Werk reiht sich ein in eine Reihe jüngerer Forschungsarbeiten, in denen die Perspektive der Jugendlichen mit Migrationshintergrund in den Mittelpunkt rückt. Diese Perspektive muss in den aktuellen Diskussionen über Integration und Partizipation viel mehr Berücksichtigung finden. Die Ergebnisse unterstreichen, dass es sich dabei nicht um eine einseitige Aufgabe der Jugendlichen handelt, sich die für das Leben in der Gesellschaft erforderlichen Kompetenzen, wie Sprache, Normen und Qualifikationen anzueignen, sondern dass es auch von Seiten der Gesellschaft und hier insbesondere ihren Bildungseinrichtungen vermehrter Anstrengungen bedarf, den Jugendlichen Chancen zu eröffnen, sie positiv anzuerkennen und ihnen soziale und gesellschaftliche Partizipation zu ermöglichen.