20 Jahre Stelzenfestspiele Bei Reuth

Auszug20 JAHRE KLASSIK UND MODERNE IN STELZEN - EIN WECHSELSPIEL UNTER DER OBHUT VON FREIHEIT Wer Klassik und Moderne sagt, der spricht stumm das Wort Freiheit mit aus. Ohne die Freiheit, und für die Kunst manchmal sogar ergiebiger: ohne die Sehnsucht nach Freiheit, wäre das alles nichts: Klassik, Moderne, Postmoderne, Neo-Klassik oder Avantgarde. Haydn, Mozart, Satie, Barber, Schleiermacher oder John Cage nur ein töndend Erz oder klingende Schelle. „Wer die Begriffe besetzt“, so eine aggressive Formel der rückwärtsgewandten Denkungsart, „dem gehört die Zukunft.“ Falsch und subaltern, denn nur wer die Begriffe mit Leben, und zwar einem wahrhaftigen und selbstbestimmten Leben mit jeder Menge Tatendurst füllt und nicht an den verschleimten Kanülen von Marketingstrategie und Medienmumpitz hängt, dem gehört die Zukunft. Einer selbstbestimmten Zukunft freilich, für die es wert ist zu schaffen und zu leben. Und das funktioniert besonders gut an einem magischen Ort wie Stelzen bei Reuth. Seit 20 Jahren wird hier für ein drei Tage währendes Festival des Lebens musikalisch und künstlerisch gewerkelt, dass es nur so raucht aus den Schloten. Müßig, all die wunderbaren Konzerte, Performances, Ausstellungen, Theater- und Opernaufführungen zu nennen. Dennoch überragt ein Ereignis alle anderen, sowohl in der Publikumsgunst als auch an Erfindungskraft: DIE LANDMASCHINENSINFONIE, die mittlerweile buchstäblich um die Welt ging und vermutlich das meist abgefilmte und dokumentierte Neue-Musik-Ereignis der letzten 20 Jahre in Deutschland war. Dieses geniale Bauern- und Bubenstück, initiiert vom Beuchaer Avantgardisten Erwin Stache und dem Gewandhausnratschisten Henry Schneider, bringt die Stelzener Festspielidee sicherlich am Perfektesten auf den Punkt. Das Wort Sinfonie wird hier in seiner ursprünglichen Bedeutung verstanden, nämlich als Zusammenklang. In Stelzen meint das konkret das Beieinander von klassischen Musikinstrumenten, modernem Rockinstrumentarium, umgerüsteten Landmaschinen, Handwerksgeräten, Tierstimmen, abendlichem Waldesrauschen und, wenn’s Wetter mitspielt, schön durchdringendem Regengeplätscher. Aber es meint auch das Zusammenspiel von hart arbeitenden Menschen aus dem Dorf, die auf Städter treffen, die die Musik und Kunst zu ihrem Beruf gemacht haben. So soll es sein, und so soll es bleiben: Alle machen mit, denn jeder ist an seinem Platz ein Kosmos für sich, der sich hier die Freiheit nehmen darf, das auszudrücken, was für ihn wichtig, richtig und vor allem was eben sehr schön ist. Happy Birthday, Stelzenfestspiele bei Reuth