Wirkliche Kriminalität und ihre Darstellung in den Massenmedien
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„Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien.“ Mit diesem Satz bringt Luhmann die Bedeutung der Massenmedien für unsere Sicht auf und unseren Zugang zur Welt auf den Punkt. Am ehesten wird diese immense Bedeutung der Massenmedien greifbar, wenn man sich vorstellt, wie ein Leben ohne jene aussähe. Welche Informationen würde man bzw. wann würde man Informationen erhalten über politische, wirtschaftliche oder sportliche Ereignisse, wie Parlamentswahlen, Vorstandssitzungen oder Weltmeisterschaften? Wie lange würde es dauern, bis in Bayern Ereignisse aus Hessen und umgekehrt bekannt würden? Unter welchen Voraussetzungen würde die Bevölkerung Nürnbergs von Szenen, die sich in Erlangen abgespielt haben, Kenntnis erlangen? Diese allgemeinen Überlegungen verdeutlichen, in welchem Ausmass unser Zugang zur Wirklichkeit über die Massenmedien führt: Man würde - pauschal gesagt - von den meisten Ereignissen in der Welt nicht oder allenfalls mit grossem zeitlichen Abstand erfahren. Während im Nahbereich eigene Erfahrungen zur Verfügung stehen und auf Erfahrungen von Dritten zurückgegriffen werden kann, nehmen diese Möglichkeiten mit zunehmender - nicht nur räumlicher, sondern auch sozialer - Entfernung vom eigenen Lebensbereich ab. Diese vom allgemein formulierten Satz Luhmanns ausgehenden pauschalen Überlegungen lassen sich ohne Weiteres für die Verbindung von Massenmedien zu speziellen Bereichen der Wirklichkeit, so auch zum Bereich der Kriminalität, anstellen: Auch in Bezug auf Kriminalitätsereignisse führt der Zugang ausserhalb des eigenen Lebensbereiches über die Massenmedien. Dies macht die massenmediale Darstellung der wirklichen Kriminalität so interessant, dass mit ihr eine ebenso intensive Beschäftigung wie mit der wirklichen Kriminalität selbst erforderlich sein kann. Aus diesem Grund betrachtet die Verfasserin speziell für Kriminalität - über Pauschales hinaus - das Verhältnis zwischen Massenmedien und wirklicher Kriminalität. Aussen vor bleibt dabei der vieldiskutierte Themenbereich der Wirkung massenmedialer Kriminalitätsdarstellung. Bei der Verbindung von Massenmedien und Kriminalität wird zwar nahezu automatisch die Erinnerung an Fälle wach, die nach einer Antwort darauf verlangen, welche Wirkung massenmedialer Kriminalitätsdarstellung hinsichtlich kriminellen Verhaltens seitens des Rezipienten zukommt, wie im Fall des Amoklaufs von Erfurt oder von Winnenden. Kunczik/Zipfel sprechen im Zusammenhang mit Veröffentlichungen über die Wirkungen massenmedialer Gewaltdarstellungen von einer „Publikationsflut“. Zum anderen ist im Bereich der Wirkung massenmedialer Kriminalitätsdarstellung auch daran zu denken, inwieweit durch die Darstellung das Wissen, die Einstellung und das Verhalten in Bezug auf Kriminalität beeinflusst werden können. Auch wenn diese Fragen sich mit den Massenmedien als Ursache weit reichender gesellschaftlicher Vorkommnisse beschäftigen, liegt doch die Aufmerksamkeit auf dem oben erwähnten Aspekt: Denn Grundlage der Wirkung von massenmedialer Kriminalitätsdarstellung ist die Darstellung selbst, indem sie ein bestimmtes Bild von Kriminalität zeichnet. Da im Mittelpunkt die Frage steht, was mittels der Massenmedien über wirkliche Kriminalität in Erfahrung gebracht werden kann, beschränken sich die Ausführungen auf die massenmediale Darstellung wirklicher Kriminalität.