Charleys Tanten und Astas Enkel
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Asta Nielsen spielte 1912 in Jugend und Tollheit eine der ersten Crossdressing-Rollen des deutschen Langfilms. Bis heute – hundert Jahre später – hat sich das Motiv des Geschlechtertauschs durch Verkleidung nicht nur gehalten, sondern einen dauerhaften Platz, besonders in der deutschen Filmkomödie, erobert. Frauen erproben in Männerkleidung neue Machtsphären und Überlebensmöglichkeiten, während Männer im Fummel oft Karikaturen des weiblichen Geschlechts liefern und sich als Charleys Tante kalauernd und tanzend im kollektiven Gedächtnis, nicht nur des deutschen Filmpublikums, eingenistet haben. Die vorliegende Filmmonographie zeichnet die historische Entwicklung des Motivs vom Stummfilm und seinen vielen weiblichen Hosenrollen über die Instrumentalisierung des Motivs für rassistische Diffamierung während der Zeit des Nationalsozialismus und die Klamaukwelle der Schlagerfilme in den 60er und 70er Jahre, zum Neubeginn der deutschen Komödie in den 90er Jahren mit der Verknüpfung von schwuler Subkultur und Drag, bis zum gegenwärtigen, äußerst variantenreichen Auftreten des Geschlechtertauschs. Erstmals liegt hiermit eine Geschichte des Crossdressings in deutschen Filmkomödien vor. Besonderes Augenmerk legt der Band auf die Genderperformance und die Frage, welche Schlüsse sich daraus für das Verhältnis der Geschlechter und für sozial- und psychohistorische Dynamiken und Erschütterungen ziehen lassen. Behandelt wird ein breites Spektrum der 100-jährigen Motivgeschichte des Crossdressings von Lubitschs frühen Komödien, wie z. B. Ich möchte kein Mann sein, Hollywood-Remakes von deutschen Klassikern wie Viktor und Viktoria, über die zahlreichen Verfilmungen von Charleys Tante und den Crossdressing-Rollen Lilo Pulvers und Peter Alexanders, bis hin zur Schlagerwelle der 1970er Jahre und Komödien der letzten Jahre wie Der bewegte Mann, Zweiohrküken und Rubbeldiekatz.