Krisenerfahrungen und politische Orientierungen
Autoren
Mehr zum Buch
Demoskopische Befragungen liefern widersprüchliche Befunde über die Zyklen der Krisenwahrnehmung in den letzten Jahren. So scheint der wirtschaftliche Aufschwung 2010-2012 in einigen Umfragen die Erinnerung an den vorangegangenen Einbruch bereits wieder in den Hintergrund gedrängt zu haben, während anderen Umfragen zufolge die Hälfte der Bevölkerung die 'eigentliche Krise' noch vor sich sieht. Ebenso verhält es sich beim Blick auf die Politik, deren Bewertung zwischen Erfolg und Scheitern schwankt. Das Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF) und WISSENTransfer haben mit aktuellen qualitativen Befragungen hinter die demoskopischen Kulissen geschaut – mit neuen Befunden: Hinter dem konjunkturellen Auf und Ab steht die Wahrnehmung einer 'permanenten Krise', die für fortwährende soziale Unsicherheit sorgt. Auch im ökonomischen Aufschwung entspannt sich die Situation für die Beschäftigten nicht; anstelle der Arbeitsplatzunsicherheit nimmt der Druck auf Arbeits- und Leistungsbedingungen zu. Nicht ausufernde Entsolidarisierung, sondern eine teilweise tiefe Kluft zwischen der gesellschaftlich-kollektiven und der persönlich-familiären Lage kennzeichnet den Alltag. Während Gewerkschaften teilweise eine Aufwertung erfahren, nimmt die Abwertung der politischen Akteure weiter zu. Auch erfolgreiches Krisenmanagement wird nicht goutiert. Anders als zu Zeiten des 'Wohlfahrtsstaates' wird der neoliberale Staat als entfremdete, postdemokratische, teilweise feindliche Institution wahrgenommen, von der keine Besserung zu erwarten ist. Zusammen mit der im Jahr 2011 veröffentlichten Untersuchung Krise ohne Konflikt? liefert die vorliegende Studie vertiefte Einblicke in verschiedene Facetten von Betriebs-, Alltags- und Gesellschaftsbewusstsein.