Comedia finita est
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AuszugDas Traktat beschreibt grobe, scharfkantige Blöcke, die hart, teilweise unverdaulich erscheinen. Vielleicht war für diese Form im Hintergrund das Wort Friedrich Nietzsches aus seiner Götzen-Dämmerung „Wie man mit dem Hammer philosophiert“ ausschlaggebend. Vielleicht auch sein Wort vom Mittel der Vertierung: „Im Kampf mit der Dummheit werden die billigsten und sanftesten Menschen zuletzt brutal. Sie sind damit vielleicht auf dem rechten Wege der Verteidigung; denn an die dumme Stirn gehört, als Argument, von Rechts wegen die geballte Faust. Aber weil, wie gesagt, ihr Charakter sanft und billig ist, so leiden sie durch diese Mittel der Notwehr mehr, als sie Leid zufügen.“ (16) Sei es, wie es sei, das Thema ist vielschichtig, ist diffizil. Tausende von Menschen befassen sich damit auf unterschiedlichsten Ebenen, in unterschiedlichsten Institutionen, vom Biertisch bis zur Universität, von der Religion bis zur Esoterik. Viele hören die Botschaft, diskutieren Ursachen und Lösungen – und kaum einer glaubt an die Brisanz. Leben wir doch zufrieden in Westeuropa, einer Insel der Seligen, weit entfernt von dem chaotischen Zusammenbrechen der Strukturen wie beispielsweise in Südamerika, Indien, Afrika, Haiti. Das Problem ist weit weg, ist woanders, in anderen Erdteilen, betrifft uns noch nicht – und wenn, dann fällt uns schon was ein; wir werden es schaffen, unsere Kinder werden alles richten, die Technologie und der Fortschritt führen uns in eine glänzende Zukunft. Somit ist das Traktat weder für den Fachphilosophen, noch für den berufsmäßigen Ökologen und Ökonom; für den Politiker ist es kryptisch, irrelevant zum Handeln, ist er doch gewohnt, sich in nebulösen Wortdrechseleien zu verlieren, mit dem Denkhorizont bis zur nächsten Legislaturperiode. Das Skript sei vielmehr ein unverdaulicher Brocken allen Ignoranten – dem aufhorchenden, zielgerichteten Nachdenklichen ein Kompass. Das Meer der Erkenntnis in eine universelle Betrachtungsweise muss er selbst befahren, das Land der Meinungen und die Gestade des Anthropozentrismus verlassen und den Blick in die Kristallkugel der nächsten Generationen wagen. „Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetze werden sollte.“ (Akademie-Ausgabe Kant Werke IV, S. 421, 18-20), formulierte Kant die Naturgesetzformel seines kategorischen Imperativs und die goldene Regel der Ethik ergänzt: Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst. Für das Überleben unseres Planeten muss jedoch dieses abstrakte Prinzip umgeschrieben und umgedacht werden: Handle so, dass, wenn Deine Kinder und Enkel, die Tierwelt und Natur von Deinem Handeln Kenntnis hätten, sie dieses Handeln billigen würden; habe Ehrfurcht vor j e d e m Leben. „Dum spiro spero – solange ich lebe, hoffe ich“ schreibt Cicero an seinen Freund Atticus. Hoffnung ist wohl da, aber keine Hoffnung auf Einsicht und Vernunft.