Lessings Freundschaftsbegriff in seinen dramatischen und dialogischen Werken
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Die Freundschaft erfährt in der Aufklärung eine Wiederbelebung. Zwischen der Universalität der allgemeinen Menschlichkeit und der Partikularität des konkreten Individuums changierend, gilt Freundschaft nicht nur als das Ideal der privatintimen personalen Verbindung, sondern auch als die Vorlage neuer gesellschaftlicher Vereinigung. Diese Arbeit versucht Lessings dramatische und dialogische Werke aus der Sicht der Freundschaftskonstellation neu zu interpretieren. Lessings Freundschaftsbegriff wirkt einerseits „kalt“ gegenüber den zeitgenössischen idealisierten, schwärmerischen Freundschaftsvorstellungen: Sei es die tugendempfindsame (in den frühen Komödien) oder die heroisch-patriotische (in Philotas). Andererseits stellt sich die Freundschaft, mit der ethischen Spontaneität verbunden, der „unvermeidlichen“ Entfremdung in der modernen anonymen Zivilgesellschaft entgegen (Minna von Barnhelm). Die mögliche Aufhebung dieses unvermeidlichen Übels aller gesellschaftlichen Lebensformen – das sog. Geheimnis der Freimaurer – sieht Lessing in der Spekulation und Vergeistigung des Partikularen, die nur im intimen Gespräch zwischen Freunden möglich sei. In Nathan erreicht Lessings Freundschaftsbegriff eine utopische, geschichtsphilosophische Ebene: Er gründet auf der diskursiven Refl exion (Vergeistigung) und orientiert sich am ethischen Engagement. Freundschaft gilt hier vielmehr als das utopische Grundmuster für die zukünftige Gesellschaft.