Den eigenen Weg gehen
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Aus der notwendigen Kritik an bestimmten Erinnerungsroutinen des sozialdemokratischen „Heldenzeitalters“ im Saarland zwischen Illegalität seit 1952 und Sieg der Nein-Sager 1955 erwächst die erste Motivation für die vorliegende Studie: Sie soll dem kollektiven Gedächtnis auf die Sprünge helfen, merkwürdige Gedächtnislücken auffrischend den Nachweis führen, dass – wieder einmal – kollektives Gedächtnis und historische Fakten nicht miteinander übereinstimmen. Die Spaltung der saarländischen Sozialdemokratie bleibt eine unbestreitbare Tatsache, sie hätte aber seit 1956/57 rasch überwunden werden können, wäre sie nicht ein Jahrzehnt im innerparteilichen Machtkampf gegen ehemalige SPS-Angehörige instrumentalisiert worden. Den eigenen Weg sucht die Sozialdemokratie an der Saar seit der Befreiung vom Nationalsozialismus, aber zu sich selbst findet sie erst langsam zwischen 1958 und 1968. Aspekte der Anpassung an sich rapide verändernde gesellschaftliche Rahmenbedingungen bzw. der Versuch, diese selbst zu gestalten, werden exemplarisch aufgeführt in den Bereichen der sozialdemokratischen Gewerkschafts- und Jugendarbeit so wie auf den Politikfeldern Geschichtspolitik und Programmentwicklung/Wertewandel. Dagegen fällt der bei der Frauenarbeit erst weit in den 70er Jahren überwundene Stillstand auf. In der Zusammenschau lassen sich diese Transformationsprozesse als die Voraussetzungen für den mit der Parteirevolte von 1968 beginnenden rasanten Wandel der SPD Saar zur Volks- und Regierungspartei lesen.