Antizipation von Fußballtorhütern
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Für Fußballtorhüter ist die korrekte Antizipation der Schussrichtung oftmals Voraussetzung für eine erfolgreiche Abwehr eines Torschusses. Bislang wurde das Antizipationsverhalten von Fußballtorhütern fast ausschließlich in Elfmetersituationen erforscht. Um das Antizipationsverhalten in unterschiedlich komplexen Spielsituationen zu analysieren, wurde eine zweiteilige Laboruntersuchung zur Konzeption und Evaluation einer kognitiven Leistungsdiagnostik erstellt. In beiden Teilstudien wurden Torschussvideos gezeigt. Die Torhüter sollten dabei vorhersagen, in welche Torecke der Ball geschossen wird. In Teilstudie 1 brachen die Videos zu unterschiedlichen Zeitpunkten ab (temporal occlusion Paradigma), in Teilstudie 2 bestimmten die Probanden den Antwortzeitpunkt und damit den Videoabbruch selbst (Reaktionszeitparadigma). Neben der Antizipationsleistung wurden die Blickbewegungen per Eye Tracking System erfasst. Getestet wurden 76 Torhüter, darunter 44 Landesverbandsauswahltorhüter der U15 und U18. Die Ergebnisse ergaben, dass sich das Reaktionszeitparadigma für einen zukünftigen Einsatz als Leistungsdiagnostik besser eignet. Inhaltlich zeigte sich, dass die Untersuchungsmethode einen großen Einfluss auf die Resultate besaß. Zudem wurde nachgewiesen, dass sich die Antizipationsleistung mit zunehmender Videolänge verbessert, dass die Schussseite besser zu antizipieren ist als die Schusshöhe und dass die Antizipationsleistung von der Situationskomplexität abhängt. Gruppenvergleiche konnten einen Antizipationsvorteil der erfahreneren Torhüter nachweisen. Bzgl. des Blickverhaltens wurden Differenzen zwischen korrekt und falsch antizipierten Schüssen gefunden, die Abhängigkeit von der Situationskomplexität bestätigt sowie ebenfalls Altersgruppenunterschiede festgestellt. Das Standbein des Schützen wurde als relevantestes Areal für eine korrekte Antizipation identifiziert. Eine weitere zentrale inhaltliche Erkenntnis lag darin, dass die in der Forschungsliteratur berichteten Befunde aus Elfmeterstudien nicht problemlos auf komplexere Situationen übertragbar sind. Als Fazit kann festgehalten werden, dass mit dem Setting von Teilstudie 2 der Grundstein dafür gelegt wurde, um nach Umsetzung einiger Modifikationen ein geeignetes Instrument zu erhalten, das als kognitive Leistungsdiagnostik für Fußballtorhüter eingesetzt werden könnte.