Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
Autoren
Mehr zum Buch
Solange bei der Bekämpfung von Schlafstörungen mit Arzneimitteln kein Mißbrauch getrieben wird, ist die Gefahr schädlicher Nebenwir kungen gering. Sehr häufig ist aber eine eintretende Gewöhnung durch Änderung der Reaktion des ZNS auf das Hypnotikum oder durch Be schleunigung des Abbaus der Anlaß zu einer Dosissteigerung, wodurch unerwünschte Wirkungen zunehmen. Sehr viele Schlafmittel, die nicht zur Gruppe der Barbiturate gehören, besitzen erst in höheren Dosierungen, welche die empfohlenen Dosen häufig übersteigen, eine objektiv feststellbare hypnotische Wirkung und entsprechende Nebenwirkungen. „Barbituratfrei“ bedeutet daher keines falls eine bessere Verträglichkeit. Die gleichzeitige Einnahme von Schlafmitteln mit Alkohol oder Be ruhigungsmitteln vom Typ der Phenothiazine und Antihistaminika ver stärkt erheblich die erwünschten wie die unerwünschten Wirkungen. Toxische Wirkungen auf die Leber besitzen Schlafmittel nicht. Eine Ausnahme bilden nur die Thiobarbiturate, welche aber ausschließlich in der Kurznarkose verwendet werden. Die weit verbreitete Meinung, daß die erkrankte Leber Arzneimittel schlechter „entgiftet“, konnte nicht bestätigt werden. Mit neuen biochemischen Methoden gelang es, das Schicksal der Schlafmittel im Organismus aufzuklären. In der Leber werden sie enzyma tisch zu wasserlöslichen Verbindungen umgewandelt, welche dann die Nieren ausscheiden können. Von dieser Regel weicht nur das Thalidomid ab, das in allen Körperzellen nicht enzymatisch gespalten wird. Die dabei entstehenden Metaboliten reichem sich bei regelmäßiger Einnahme in bestimmten Zellen an, bis sie Konzentrationen erreichen, die toxisch wirken. Eine Untersuchung des Metabolismus sollte daher jeder therapeu tischen Anwendung eines neuen Schlaf-oder Beruhigungsmittels voraus gehen.