Lernen und Geschlecht heute
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Lange Zeit war die aufklärerische Überzeugung von der “Gleichheit aller” auch für die erziehungswissenschaftliche Geschlechterdebatte unhinterfragbar – eine gerechte Schule sollte gleiche gleich behandeln, also auch Jungen und Mädchen. Das hinderte Bildungspolitik nicht daran, jahrzehntelang einseitig Mädchen und junge Frauen zu fördern. Empirisch-statistische Befunde hingegen zeigen eine beunruhigende Benachteiligung von Jungen und jungen Männern in und durch Bildungsinstitutionen, weltweit. Die Unvereinbarkeit dieser drei Diskurse lähmt die gegenwärtige Debatte und droht, sie mit moralistischem Rigorismus und redundanten Vorwürfen dauerhaft zu blockieren. Eine grundsätzliche theoretische Neuausrichtung erscheint deshalb überfällig – eine Geschlechterdebatte, die theoriegeleitet und empiriegesättigt, vorurteilsfrei und ergebnisoffen die Variable “Geschlecht” in edukativen Kontexten neu definiert und interpretiert. Werden Gleichheit und Unterschiedlichkeit der Geschlechter schon in den “klassischen” erziehungswissenschaftlichen Referenzwissenschaften Geschichte und Philosophie, Psychologie (insbesondere Psychoanalyse) und Soziologie jeweils völlig anders be- und verhandelt, so gilt dieses um so mehr für die Ethnologie, die Kognitions- und Neurowissenschaften, v. a. aber auch für die – pädagogisch-historisch ausgesprochen vorbelastete – Biologie, v. a die Evolutions- und Soziobiologie. Gerade sie aber könnten helfen, die Geschlechterdebatte “vom Kopf auf die Füsse” zu stellen. Anregungen hierzu zu liefern ist Vorhaben dieses Buches.