Platons Theaitetos
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In Platons „Theaitetos“ tritt ein Lehrer auf, der seine beiden mathematisch geschulten Gesprächspartner dazu bringen will, die Beobachtungen zu machen und die Einsichten zu gewinnen, die es ihnen ermöglichen, der folgenden Andeutung Heraklits nach-zu-gehen: „Die anderen, deren Geheimlehre ich jetzt erklären will, sind überaus kluge Köpfe. Ihr Prinzip, aus dem sich auch alles, was wir jetzt erklären, ableitet, ist, dass alles Bewegung ist und dass es außer ihr nichts gibt.“ Die Naturphilosophen, die neugierig das große Schauspiel der Erscheinungen studieren, unterscheiden sich nach dem strengen Urteil des Sokrates grundlegend von den Sprachanalytikern, die sich mit geschlossenen Augen zu erklären versuchen, was ihnen die vorliegenden Sätze und Definitionen eigentlich vorgeben. In dem Unterrichtsdrama, das Platon aufführt, kann Sokrates den naturkundigen Theodorus zu den angestrebten Einsichten hinführen. Aber er scheitert voller Zorn an Theaitetos. Dieser junge Philosoph gehört nämlich, wie sich herausstellt, zu den blinden Satzbetrachtern, die noch nicht aus dem Tiefschlaf ihres skeptizistischen Dogmatismus erwacht sind und die im Lehrgespräch höchst respektlos als satzbegierige Lüstlinge, als Holzköpfe oder als Schustergesellen bezeichnet werden. Für Platon ist es ein großes Unglück, dass sein Dialog zu allen Zeiten ausgerechnet von denen interpretiert wird, gegen die er zur Felde zieht.