Der italienische Roman der Jahrhundertwende
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Susanne Friedes Studie basiert auf der Beobachtung, dass italienische Romane des literaturgeschichtlich kaum zusammenhängend untersuchten Jahrzehnts um und unmittelbar nach 1900 häufig als Fortsetzungsromane im Medium der Kulturzeitschrift erschienen sind. Sie untersucht daher mit Blick auf die wichtigste italienische Kulturzeitschrift Nuova Antologia diese bisher nicht wahrgenommene Textsorte. An der Schnittstelle von Medienkulturwissenschaft, Narratologie, Textlinguistik, Diskursanalyse und Sozialgeschichte analysiert sie die Beziehung zwischen einer als ‚Text‘ gelesenen Kultur und der Produktion, Distribution und Rezeption einer traditionellen literarischen Textform im italienischen Kultursystem der Frühen Moderne. Die ‚Grammatik‘ der Kulturzeitschrift wird dabei aus dem Zusammenwirken dreier Dimensionen erkennbar: der semantischen (d. h. den diskursiven Relationen zwischen populärwissenschaftlichen Artikeln und literarischem Interdiskurs), der syntaktischen (d. h. der Poetik des Frames des Fortsetzungsromans, welcher als schemagebundene literarische Reihe auf ein Inventar von Erzählmustern, narrativen Versatzstücken und Sinnstiftungsverfahren rekurriert) und der pragmatischen (d. h. der ‚Stimme‘ der Kulturzeitschrift, die sich in den Regeln und Grenzen der Publikationspraxis manifestiert). Für kanonisierte Romane von Matilde Serao, Grazia Deledda, Antonio Fogazzaro und Luigi Pirandello wie auch für völlig vergessene Texte lässt sich so der ursprüngliche Produktions- und Rezeptionshorizont zurückgewinnen. Besonderes Gewicht erhält dabei die Rekontextualisierung von Pirandellos Il fu Mattia Pascal, erlaubt sie doch die narratologische Beschreibung der antimimetischen écriture des Romans und deren Imitation, Übersteigerung und Annulierung des Frames des Fortsetzungsromans.