Bosnien
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Zwanzig Jahre nach dem Friedensabkommen von Dayton, das den Krieg in Bosnien beendete und das Land zwischen den drei zerstrittenen Volksgruppen, Kroaten, Serben und Bosniaken (bosnische Muslime), aufteilte, herrschen nach wie vor chaotische Zustände im vom Bürgerkrieg versehrten Balkanstaat. Politisch steht das föderalistische Konstrukt stets am Rande des Abgrunds, zumal sich die ehemaligen Kriegsparteien tunlichst voneinander abgrenzen und offenkundig kein Interesse an einer sachlichen Auseinandersetzung der jüngeren Vergangenheit zeigen. Das jedoch stellt eine der wichtigsten Voraussetzungen dar, um das Land aus seiner – politischen und wirtschaftlichen – Krise zu führen, aber solange nationalistische Kräfte hüben wie drüben die politische Agenda bestimmen und primär aus eigennützigen Motiven handeln anstatt sich für ihre Bürger einzusetzen, wird die Verzweiflung der Menschen in Bosnien und Herzegowina eher noch anwachsen und werden vor allem religiös radikale Kräfte auf fruchtbaren Boden stoßen. Der vorliegende Essay beschäftigt sich mit dem Phänomen des Wahhabismus in dem Land, das einst ein Vorzeigemodell für eine funktionierende multikulturelle Gesellschaft darstellte – zumindest solange, als der sozialistische Staat Jugoslawien unter seinem Gründervater Tito Bestand hatte. Im Weiteren wird die Geschichte des Islam in Europa und hierbei vor allem auf dem Balkan kritisch, aber dennoch möglichst wertfrei, durchleuchtet, um wenigstens ansatzweise die historische Komplexität transparenter zu machen. Saïda Keller-Messahli ist schweizerisch-tunesische Doppelbürgerin und Vorsitzende des ›Forums für einen fortschrittlichen Islam‹ FFI. Die gelernte Gymnasiallehrerin kämpft seit Jahren für eine Reform des Islam bzw. gegen islamistische Tendenzen in der muslimischen Gemeinde der Schweiz. Insbesondere die Stellung der Frau in der islamischen Welt ist Keller-Messahli ein Herzensanliegen, weshalb sie u. a. auch regelmäßig darauf hinweist, dass etwa das Tragen eines Kopftuches nichts mit dem Islam resp. Koran zu tun hat und einzig dem Zweck dient, die muslimische Frau zu unterdrücken. Alexander Nyffenegger, geboren 1971 in der Schweizer Hauptstadt Bern, setzt sich seit dem Ende des Bürgerkriegs in Jugoslawien mit der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung auf dem Balkan auseinander. Der ehemalige Student der Kulturwissenschaften sieht in den Staaten Bosnien und Kosovo eine Art ›Naher Osten‹ Europas, ewig währende Pulverfässer, die jederzeit gezündet werden können und die stets der Aufmerksamkeit der westlichen Wertegemeinschaft bedürfen – umso mehr als sich die von Saudi-Arabien finanzierten Wahhabiten in Bosnien rasend schnell verbreiten.